Ein Jugendbuch über mutige Frauen mit verrückten Träumen und hohen Zielen – was für eine herrliche Lektüre für alle kleinen und größeren Mädchen. Die Verfasserin Melanie Jahreis, selbst lange in der Wissenschaft und heute am Deutschen Museum in München als Kuratorin tätig, hat in ihrem höchst informativen Bilder- und Geschichtenbuch 44 Biografien von Frauen versammelt, die mehr wissen wollten.
Zum Beispiel über das Champagnerkeltern wie die früh verwitwete Barbe-Nicole Clicquot. Oder über das Verhalten der Schimpansen wie Jane Goodall. Oder über Mode wie Coco Chanel. Jahreis organisierte unlängst die Sonderausstellung „Kosmos Kaffee“ am Deutschen Museum. Im Rahmen dieser Recherchen dürfte sie auch auf Melitta Benz gestoßen sein, die Erfinderin des Kaffeefilters. Viele Forscherinnen haben sich mit äußerst praktischen Dingen befasst, die Wienerin Margarete Schütte-Lihotzky zum Beispiel mit der Einbauküche oder die US-Amerikanerin Marion Donovan mit der Wegwerfwindel.
Josephine Cochrane bekam beim Spülen immer schlechte Laune. Die führte jedoch zu einer guten Idee, und sie ersann 1886 den Geschirrspüler. Martine Kempf aus Straßburg erfand das Spracherkennungssystem Katalovox, um ihrem an Kinderlähmung erkrankten Vater mehr Unabhängigkeit zu ermöglichen. Und die Ungarin Maria Telkes beschäftigte sich nach ihrem Chemiestudium mit der Energieversorgung der Zukunft – und kam vom Solarkocher bald zum Solarhaus. Herta Heuwer rührte aus Langeweile im September 1949 in Berlin ein paar Gewürze und vor allem Curry zusammen, das ihr Mann bei britischen Soldaten abgestaubt hatte. Vermischt mit Tomatenmark schmeckte das Ganze „herrlich“, wie sie befand. Gereicht zur „Spandauer ohne Pelle“ war die Currywurst geboren.
Aber nicht nur Praktisches für den Haushalt haben sich die Frauen ausgedacht. Die in Jerusalem geborene Biochemikerin Ada Yonath entdeckte die Struktur der Ribosomen. Und die Amerikanerin Donna Strickland studierte Physikingenieurswesen und Elektro-Optik und forschte an der Universität Rochester zu ultraschneller Lasertechnik. Für ihre Laserpulse wurde sie 2018 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Als dritte Frau in diesem Fachbereich nach Marie Curie und Maria Goeppert-Mayer.
Die Marginalisierung von Frauen in der Wissenschaft findet heute nicht nur auf der Ebene der Preisverleihungen statt, sondern schon auf jener der gebührenden Erwähnung: Wie sich am Tag der Nobelpreis-Bekanntgabe zeigte, hatte Physikerin Donna Strickland nicht einmal einen Eintrag bei Wikipedia. Der fertige Beitrag wurde, schreibt Jahreis zu Recht empört, „im Mai desselben Jahres mit der Begründung abgelehnt, er handle von einer Person, die noch nicht die Kriterien von Wikipedia an deren Bedeutsamkeit erfülle“.
Illustriert sind die kurz, knackig und unterhaltsam geschriebenen Lebensläufe mit vielen schönen, sehr klaren, flächigen Zeichnungen von der Hamburger Künstlerin Katinka Reinke. So wird „Rebel Minds“ zu einem inspirierenden, Mut machenden und zu Diskussionen anregenden Bilderbuch für die ganze Familie.
Melanie Jahreis:
„Rebel Minds. 44 Erfinderinnen, die unsere Welt verändert haben“. C.H. Beck Verlag, München, 188 Seiten; 19,95 Euro.