Neustart in Farbe

von Redaktion

Ein Jahr vor der Eröffnung lässt sich die documenta 15 etwas in die Karten schauen

VON GÖRAN GEHLEN

Verschränkte Hände, Seile und viel Farbe – seit Mitte Dezember ist die documenta 15 im Kasseler Stadtbild deutlich sichtbar. An der Fassade eines früheren Kaufhauses geben Logos und Schriftzüge einen Vorgeschmack auf die 15. Ausgabe der weltweit bedeutendsten Ausstellung für moderne Kunst. Das sogenannte Ruruhaus ist ein Standort der Schau im Jahr 2022 und soll bereits vorher Einblicke ermöglichen.

Dabei könnte der Kontrast der farbenfrohen und freundlichen Logos der documenta fifteen – so der offizielle Name – im Vergleich zur vergangenen Schau nicht größer sein: Die documenta 14 präsentierte sich nüchtern in Schwarz-Weiß. Der große Unterschied passt zum angekündigten Neustart. Die documenta war durch den vergangenen Durchgang 2017 künstlerisch und wirtschaftlich in die Krise geraten. Es gab ein Defizit von 7,6 Millionen Euro, das Konzept wurde als zu didaktisch und schwer verständlich kritisiert. Es folgte der Umbau: Geschäftsführerin Annette Kulenkampff ging, Sabine Schormann wurde neue Generaldirektorin. Dass die künstlerische Leitung jeder Schau wechselt, ist Tradition. Dass mit der indonesischen Gruppe Ruangrupa ein Künstlerkollektiv diese Aufgabe übernahm, sorgte für Aufsehen.

Ein Geheimnis bleibt die Summe, die für die documenta fifteen zur Verfügung steht. Vor der vergangenen, defizitären Schau war das Budget auf 34 Millionen Euro beziffert worden. Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) versprach eine „auskömmliche Finanzierung“.

Jörg Sperling vom documenta-Forum sieht keine komplette Abkehr von der Vergangenheit: „Zunächst scheint alles wie ein Jahr vor jeder documenta: Nichts ist vom künstlerischen Konzept erkennbar.“ Dennoch freue er sich auf die Konkretisierung der „lumbung“-Aktivitäten. Das indonesische Wort bezeichnet eine Reisscheune, in der überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird. Diese Idee will ruangrupa zur Grundlage der documenta machen. Sperling hofft, dass das 2022er-Angebot am Ende aber auch eine klassische Ausstellung wird: „Ich wünsche mir, dass die documenta fifteen keine Digitalschwemme wird, sondern die originale Begegnung mit Kunst aus aller Welt zulässt.“

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