Du bist Musik

von Redaktion

Zum heutigen 90. Geburtstag des Weltstars Caterina Valente

VON ZORAN GOJIC

Vor acht Jahren hat sich Caterina Valente aus dem Showgeschäft verabschiedet. Endgültig. Galas oder dergleichen zu runden Geburtstagen kamen für sie nie infrage. Sie war auf Bühnen gestanden, seit sie fünf Jahre alt war, und hatte mit knapp über 70 beschlossen: Es reicht. Seitdem führt sie ein beschauliches Leben in der Schweiz und meidet die Öffentlichkeit.

Umso überraschender nun, dass sich Valente kurz vor ihrem heutigen 90. Geburtstag zu Wort gemeldet hat – wenn auch nur virtuell. Auf ihrer Homepage, so lässt sie mitteilen, seien alle verlässlichen Eckdaten zu ihrer Biografie zu finden. Ein solcher Hinweis mag merkwürdig erscheinen, in Valentes Fall ist er hilfreich. Derart viele Mythen und Anekdoten über diese sagenhafte Frau schwirren umher, dass ein paar Klarstellungen nicht schaden. Natürlich hat sie die wirklich interessanten Details für sich behalten, sie ist Profi.

Als Italienerin in Paris geboren, „Artistenfamilie in siebter Generation“, wie sie stolz erzählt, steht sie schon als Kind vor Publikum. Es wird jeden Tag geübt, stundenlang. Wenn etwas nicht klappt, gibt es kein achtsames Lernfortschrittsgespräch, sondern einen Schlag auf den Hinterkopf. Valente lernt mehrere Instrumente, Gesang, Tanz und vor allem: Menschen zu bezirzen. Die Familie tritt auch während der Wirren des Zweiten Weltkriegs auf, danach beginnt Valente zaghaft, eigene Wege zu beschreiten, und hat schließlich Anfang der Fünfzigerjahre erste professionelle Plattenaufnahmen.

Die Stimme fällt sofort auf, das hübsche Gesicht und der exotische Name rufen flugs deutsche Plattenproduzenten auf den Plan. Im Wirtschaftswunderdeutschland hat man eine Schwäche für Unterhaltung, die die Sehnsucht nach großer weiter Welt bedient. Valentes Leidenschaft ist der Jazz, ihr erster Nummer-1-Hit „Ganz Paris träumt von der Liebe“ ist eine Version von Cole Porters „I love Paris“. Aber den ganz großen Erfolg hat sie in Deutschland vor allem mit Schlagern. Einige Texte sind bemerkenswert doof, aber Valente sieht das aus der Warte des klassischen Entertainers: Es muss zuallererst dem Publikum gefallen, nicht dem Künstler.

Außerdem hat sie nicht nur in Deutschland Erfolg, sondern weltweit. Über 1300 Lieder nimmt sie in einem Dutzend Sprachen auf, weist aber in aller Bescheidenheit darauf hin, dass sie nur sechs dieser Sprachen fließend beherrsche. Sie tritt in ganz Europa auf, in Japan und in den USA. Dazwischen macht sie „musikalische Filmlustspiele“ in Deutschland, die wahnsinnig gut laufen. Vormittags dreht sie, abends gibt sie in irgendeiner Stadt ein Konzert und steht am nächsten Morgen wieder vor der Kamera. Ein unfassbares Pensum, aber für Valente Standard. So hat sie es gelernt.

Als sie in New York mit den feinsten Jazzern der Szene eine Platte aufnehmen darf, sind alle sofort sehr angetan von der disziplinierten Könnerin. Wer sich davon überzeugen will, welch außergewöhnliche Künstlerin sie ist, kann sich die Platte „Caterina Valente in New York“ anhören. Das hat so gar nichts von „Steig in das Traumboot der Liebe“, einem Hit, der etwa zur gleichen Zeit in Deutschland in den Hitparaden ist. In den USA ist sie vor allem mit ihren Bossa-Nova-Stücken ein noch größerer Star als in Deutschland, das ist den meisten hierzulande nie so recht klar gewesen. Sie tritt mit Dean Martin und Sammy Davis Jr. im Fernsehen auf, und Jerry Lewis parodiert sie – der ultimative Ritterschlag.

Mit dem Rock’n’Roll als Stilelement kommt sie zurecht. Aber als in den Sechzigern die Musiker beginnen, ihre eigenen Lieder zu schreiben und vor allem über sich und ihre Befindlichkeiten zu singen, ist Valente raus. Damit kann sie nichts anfangen, ihre Welt ist das professionelle Entertainment, das Unterhalten der Menschen. Ein Beruf, eine Berufung, aber keine Mission.

Dennoch bleibt sie im Geschäft, beginnt aber, sich ab den Neunzigern rar zu machen. Sie kann nicht mehr so wirbeln und schmettern wie einst, deswegen tritt sie ab, solange sie noch ihren Ansprüchen genügt. Das muss man erst mal schaffen. Auch der Versuchung zu widerstehen, der eigenen Sentimentalität zu erliegen und immer noch ein allerletztes Mal aufzutreten. Caterina Valente, dieser internationaler Star, feiert heute ihren 90. Geburtstag und wird wohl lächeln darüber, wie wenig man in Deutschland über sie weiß. Trotz ihrer freundlichen digitalen Hinweise.

Artikel 2 von 3