„Kultur ist seelische Hygiene“

von Redaktion

INTERVIEW Max Hopp über Franz Lehárs „Schön ist die Welt“ an der Staatsoper

Die live gestreamten „Montagsstücke“ der Bayerischen Staatsoper tragen im kulturellen Lockdown nicht nur zur musikalischen Grundversorgung des derzeit ausgesperrten Publikums bei. Auch, was das Repertoire betrifft, gibt es hier immer wieder interessante Entdeckungen. So erobert etwa heute mit Franz Lehárs „Schön ist die Welt“ eine Operette die Bühne des ehrwürdigen Nationaltheaters. Als Erzähler mit dabei ist Schauspieler Max Hopp, der zwischen Berlin und Salzburg schon vielfach sein Händchen für die leichte Muse unter Beweis gestellt hat. Wir sprachen mit dem 48-Jährigen über seinen Gastauftritt an der Staatsoper.

Der Titel „Schön ist die Welt“ klingt momentan schon ein wenig sarkastisch. Immerhin sieht es in der Theaterwelt gerade alles andere als rosig aus.

Das stimmt natürlich, aber gerade deshalb finde ich es wichtig, dass wir das jetzt machen. Damit wir uns daran erinnern, dass die Welt tatsächlich immer noch schön ist. Man sieht ja zum Beispiel auch, wie viele positive Energien und wie viel Kreativität die momentane Situation freisetzt. Und auch, wie sich die Menschen nach Kultur sehnen. Als wir in Berlin nach dem ersten Lockdown wieder die ersten Vorstellungen vor kleinem Publikum hatten, kam da eine unglaubliche Energie aus dem Zuschauerraum.

Lehárs Stück entstand 1914 und wurde dann 1930 noch einmal überarbeitet. Zeiten, in denen es die Menschen aus anderen Gründen ebenfalls nicht leicht hatten. Dient die Operette als Flucht in eine heile, bessere (Bühnen-)Welt?

Klar! Aber das ist ja nichts Schlimmes. Gut gemachte Unterhaltung ist mit das Schwerste im Theater. Eine große Wagner-Oper folgt gewissen Gesetzmäßigkeiten. Da hat man eine Form, die einem Halt gibt. In der Operette gibt es dagegen vieles, was auf den ersten Blick süßlich oder schmalzig wirkt. Wenn man da nicht versucht, mit offenem Herzen das wahre Gefühl herauszukitzeln, geht das schnell nach hinten los. Das wird auch heute immer noch von vielen unterschätzt.

Wie war Ihr persönlicher Weg zur Operette?

Mein Onkel, Manfred Hopp, war Sänger. Er hat an der Komischen Oper in Berlin mit Felsenstein und Kupfer gearbeitet. Dadurch habe ich schon als Jugendlicher viele Vorstellungen mit ihm erlebt. Und die Operette war an diesem Haus ja immer ein fester Bestandteil. Wir hatten aber auch an der Volksbühne einige musikalische Projekte. Selber bei der Operette angekommen bin ich dann mit dem „Weißen Rössl“. Wieder an der Komischen Oper, wo ich inzwischen noch einige andere Inszenierungen gemacht habe.

„Schön ist die Welt“ gehört eher zu den Lehár-Raritäten. Kannten Sie das Stück bereits?

Ich kannte es tatsächlich nicht. Aber als jetzt die Anfrage von der Bayerischen Staatsoper kam, war das natürlich sehr reizvoll. Und nachdem ich dann angefangen habe, mich damit zu beschäftigen, war ich richtig begeistert. Der erste Akt hat viele schmissige Nummern, bevor dann im zweiten in der Partitur die große Oper beginnt. Wenn man das vom Staatsorchester hört, das ist schon ein Erlebnis.

In Barrie Koskys Salzburger Festspiel-Inszenierung von „Orpheus in der Unterwelt“ hatten Sie dem gesamten Ensemble Ihre Stimme zu leihen und zusätzlich noch für die Geräuscheffekte zu sorgen. Dürfen wir uns heute Abend auf ähnliche Stimmakrobatik freuen?

So eine Inszenierung passiert einem als Schauspieler wahrscheinlich nur einmal im Leben. Das war ein riesiger Spaß und eine tolle Erfahrung, mit all diesen großartigen Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne zu stehen. Für „Schön ist die Welt“ habe ich jetzt einen Text geschrieben, mit dem ich eher als Conférencier durch die Handlung führe. Meist erzählend, aber auch in kleinen Dialogen.

Was erwartet das Publikum bei Ihrer Fassung?

Musikalisch ist eigentlich alles drin. Bis auf ein paar kleine Kürzungen, weil wir den Stream zeitlich in einem gewissen Rahmen halten wollten. Das wurde alles mit einer wunderbar professionellen heißen Nadel gestrickt. Normalerweise hat man für eine Produktion ja sechs Wochen Proben. Aber man merkt einfach, dass alle unglaublich Lust darauf haben, wieder zu arbeiten und hundert Prozent bei der Sache sind.

Welche Herausforderungen birgt ein Stream gegenüber einer regulären Aufführung?

Es ist ein anderes Medium, mit dem man anders umgehen muss. Deshalb wollten wir, dass es nicht einfach nur eine abgefilmte Vorstellung ist, sondern auch die Möglichkeiten der Kamera nutzen. Natürlich hoffen wir trotzdem, dass wir bald wieder vor Publikum spielen können. Weil wir alle einfach dieses Miteinander brauchen. In einer Zeit, in der wir so viel über Hygienekonzepte reden, gehört das für mich mit zur seelischen Hygiene.

Das Gespräch führte Tobias Hell.

Premiere

Franz Lehárs „Schön ist die Welt“ ist heute Abend von 20.15 Uhr an im Rahmen der „Montagsstücke“ unter www.staatsoper.tv kostenfrei zu sehen. Von Mittwoch, 19 Uhr, an gibt es den Stream hier für 9,90 Euro.

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