Wenn es Jochen Busse nicht gegeben hätte, man hätte seine Bühnenfigur erfinden müssen – den Typus des Anzugträgers, des Abteilungsleiters, immer ein bisschen arrogant, immer ein bisschen pikiert und aufs Schönste sein Spießertum ausstellend. Busse, abseits dieser Rolle ein unerschütterlicher, lebenskluger Optimist, hat großen Anteil daran, dass die Lach- und Schießgesellschaft nach Jahren der Krise in den Achtzigerjahren eine neue Blüte erlebte. Für die Münchnerinnen und Münchner ist der Schlaks mit der Altherren-Fönfrisur wohl auch Jahrzehnte später noch untrennbar mit dem legendären Schwabinger „Laden“ verbunden. Dabei war und ist Busse mehr als „nur“ Kabarettist. Heute wird er 80 Jahre alt.
Aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn stammend, strebte der Sohn eines Fabrikanten (der mit seiner Firma Pleite machte), früh auf die Bühne. In seiner „Sehnsuchtsstadt“ München begann Busse ohne einen Pfennig Geld in der Tasche als Statist an den Kammerspielen und arbeitete sich unermüdlich nach oben. Kein Brettl war ihm zu klein, um sich nicht auszuprobieren und die Lacher auf seine Seite zu bringen. Er spielte an der Schmiere in Frankfurt am Main, am Münchner Rationaltheater und am Kom(m)ödchen in Düsseldorf, bevor ihn Lach- und Schieß-Chef Sammy Drechsel wieder an die Isar holte.
Busse, der zuvor als Schauspieler auch vor Filmchen wie „Die Jungfrauen von Bumshausen“ oder „Tante Trude aus Buxtehude“ nicht Halt gemacht hatte, avancierte zum Star. Von Haus aus kein Mann des geschliffenen Wortes, brachte er die Texte seiner Autoren zum Glänzen, das Publikum liebte ihn für seine Theatralik. Im Rückblick gibt er sich bescheiden. Er sei ja kein Kabarettist „im eigentlichen Sinne“ gewesen, sagte Busse vor ein paar Jahren im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich war mehr der Spieler und hatte das Glück, mit Leuten auf der Bühne zu stehen, die auch gute Autoren waren, deshalb habe ich von deren Ruhm etwas abbekommen.“ Dass er mit den Autoren locker mithalten kann, bewies er Jahrzehnte später im Programm „Legende trifft Urgestein“ an der Seite von Henning Venske. Die besseren Pointen sicherte sich da stets Busse.
Kabarettisten, so sie einmal im Olymp angekommen sind, dürfen nicht ungestraft Comedy machen – das musste der Spielwütige erfahren, als er Mitte der Achtzigerjahre für die ARD die Reihe „Nur für Busse“ kreierte. „Unterhaltung ist in Deutschland ,bäh‘, jedenfalls fürs Feuilleton“, bilanzierte er vor einigen Jahren in seiner Autobiografie „Wo wir gerade von belegten Brötchen reden“.
Der Allrounder emanzipierte sich von der Kritik, wechselte Mitte der Neunziger zu RTL und moderierte dort den Komikertreff „7 Tage, 7 Köpfe“. In „Das Amt“ gab er beim Kölner Privatsender leidenschaftlich das Ekel, eine Rolle, die er Jahre später auch in „Nicht tot zu kriegen“ kultivierte. Die Freundschaft mit anderen Größen der Branche hatte ihm zuvor schon Auftritte in Filmen wie „Kehraus“ oder „Wir Enkelkinder“ beschert, bei der Filmsatire „Is was, Kanzler?“ wirkte er sogar am Drehbuch mit.
Wer auf der Kabarettbühne so gerne Gas gibt, der liebt auch das (Boulevard-)Theater. Und so kann man Jochen Busse – wenn nicht gerade Corona ist – noch immer auf der Bühne sehen. Mit Stücken wie „Das andalusische Mirakel“, „Pantoffelpanther“ oder „Komplexe Väter“ gab und gibt Busse noch immer auch seiner langjährigen Wahlheimat München die Ehre.
Der 80. Geburtstag schreckt ihn nicht, sein Blick zurück fällt rundum positiv aus: „Ich habe keine schrecklichen Krankheiten gehabt, keine Pleite erfahren und musste in kein Dschungelcamp“, schreibt Jochen Busse in seinem Buch: „Ich habe Helmut Kohl und vier Ehen überstanden. Wie kann man nur so verdammt viel Glück haben.“
Ohne einen Pfennig Geld kam er einst nach München