Im Grunde war alles schon nach wenigen Minuten gescheitert: als der fromme Eremit der ebenso frommen Agathe geweihte Rosen schenkte. Die musiklose Szene vor der Ouvertüre zog und zog sich, untermalt von Vogeltschilpen und Tirilieren aus Lautsprechern. Ein Idyll sollte das sein – Carl Maria von Weber wusste nur zu gut, warum er den Auftritt noch vor der Uraufführung strich. Das Münchner Publikum langweilte sich am Premierenabend des 21. Februar 1990 zunehmend – bis Witzbolde aus den Rängen Vogelrufe nachahmten. Erste Lacher. Immer mehr Einfälle des Regisseurs Niels-Peter Rudolph scheiterten, die Stimmung kippte um in Häme und Wut, provoziert auch durchs lähmende Dirigat Otmar Suitners und eine fragwürdige Besetzung. Als sich der beleibte Sänger des Max in den Bombentrichter der Wolfsschlucht abseilen musste und stückgemäß „Ich kann nicht hinab“ klagte, rief’s aus dem Saal zurück: „Das glauben wir auch.“ Statt Grusel höhnisches Gelächter, während hinten eine Art Laubsäge-Wildsau plus ein feuriger Wagen vorbeizogen und sich ein Agathe-Double mit flatterndem Nachthemd in einen Wasserfall stürzte. Im Finale, als Fürst Ottokar „Genug der Freuden“ rufen musste, bog sich die Premierengemeinde längst vor Zwerchfell-Erschütterungen. Der Ottokar-Sänger bat entnervt darum, seinen Part zu Ende bringen zu dürfen. Nach Fallen des Vorhangs erhob sich ein Buh-Tsunami, der nach relativ kurzer Zeit vorbei war. Die Leute hatten einfach keine Lust mehr und strebten aus dem Saal. Die Überschrift unserer Zeitung zur Premierenkritik: „Statt Freikugel ein saftiger Rohrkrepierer“. th