Wer Barbara Hannigan schon einmal live erlebt hat, weiß es eh. Diese Frau ist ein echtes Bühnentier. Egal, ob sie singend in Erscheinung tritt oder den Taktstock schwingt. Und so schien es durchaus konsequent, für ihren jüngsten Internet-Auftritt bei den Münchner Philharmonikern zwei Werke aufs Programm zu setzen, die eine Brücke zwischen Bühne und Konzertsaal schlagen.
Wobei Aaron Coplands „Music for the Theatre“ eigentlich eine kleine Mogelpackung ist. Der Komponist hatte gar kein bestimmtes Schauspiel im Sinn, als er die kompakte fünfteilige Suite schrieb. Die von ihm selbst empfundene „gewisse theatrale Atmosphäre“ lässt sich aber auch bei Hannigans energischem Zugriff deutlich spüren. Sogar die Mitglieder der Philharmoniker hält es streckenweise nicht mehr ruhig auf den Stühlen. So etwa während der jazzig aufgekratzten Tanz-Episode, in der Klarinettist Matthias Ambrosius seinem inneren Benny Goodman nachspürt, ehe er später seine sanfte Seite zeigt. Zwei Pole, die im kontrastierenden Einsatz große Wirkung entfalten und von den übrigen Holzbläsern ähnlich genussvoll ausgereizt werden.
Während Copland neugierig zwischen europäischen und amerikanischen Idiomen tänzelt, lebt Igor Strawinskys neoklassische „Pulcinella“ vom Aufeinandertreffen von Alt und Neu. Wobei in Hannigans humorvoller Lesart das Herz etwas mehr für Strawinsky als für dessen Ideengeber Pergolesi zu schlagen scheint. Gut tut dieser Interpretation vor allem die Entscheidung für die komplette Ballettmusik anstelle der sonst im Konzertsaal häufiger vertretenen Suite. Natürlich fehlen auch hier nicht die Gustostücke der Partitur wie die wild durchgepeitschte Tarantella. Doch gelingt es der Dirigentin ebenfalls, die ruhigen Abschnitte logisch in den großen dramaturgischen Bogen einzugliedern. Nicht zu vergessen die zum Glück nicht immer ganz bierernst angegangenen Gesangsnummern, in denen sie behutsam mit ihrem Solisten-Trio (Julia Dawson, Charles Sy und Douglas Williams) atmet.
Aufzeichnung
gratis von diesem Samstag, 19 Uhr, an bis 25. Februar unter mphil.de/stream.