Zwei erste Symphonien standen auf dem Programm des Akademiekonzerts im Nationaltheater, das am Samstag in die Wohnzimmer der Musikfreunde gestreamt wurde. Statt Mahler dirigierte Kirill Petrenko Corona-bedingt die Erste von Beethoven, der man zumindest ab und an begegnet, und die Erste von Schostakowitsch, die hierzulande kaum gespielt wird. Der strahlende Petrenko und das superbe Staatsorchester offerierten das vielgestaltige Werk als verlockende Vorahnung auf Kommendes. Herrlich, wie sie im ersten, gestenreichen Satz das Kopf-Ballett in Gang setzten. Dabei belebten kammermusikalisch feine Streicher und Holz die Szenen. In den rhythmisch aufgeheizten, turbulenten Momenten (mit kleiner Trommel) lugte Prokofjew ums Eck. Petrenko und sein Ex-Orchester beschworen die Idylle (Oboe und Cello) ebenso, wie sie große Spannung aufbauten (Lento). Ob die Schlagzeuger sich gegenseitig antrieben und das Klavier frech mitmischte (zweiter Satz), ob eine seltsame Tristesse hörbar oder ob die Musik scharf wurde, ins schrill Groteske kippte und das volle Blech zum Einsatz kam – das Staatsorchester traf jede Stimmung.
Eröffnete sich Schostakowitsch 1925 mit seinem Opus 10 in F-Dur den Weg in sein weites symphonisches Land, so strebte Beethoven als 30-Jähriger mit seiner C-Dur-Symphonie op. 21 aus der Haydn-Mozart-Ära in die seine. Detailgenauigkeit und Musizierfreude ließen alle Facetten im symphonischen Erstling aufleuchten: das spritzig Ungestüme nach dissonantem Beginn und butterweicher Modulation, das delikat Durchsichtige und die feine Farbigkeit des Holzes im Andante. Forsch trat das noch Menuetto genannte Scherzo mit unterschwellig nervösem Trio auf, bevor sich Petrenko und das Staatsorchester in den finalen Überschwang stürzten. GABRIELE LUSTER