„Der gestirnte Himmel“

von Redaktion

Die Staatsoper widmet Beethoven das „Montagsstück XV“

VON ANNA SCHÜRMER

2020 sollte das Beethoven-Jahr werden – ging allerdings mit Corona in die Geschichte ein. Der Pandemie fiel eine Vielzahl an Konzerten zum Opfer, auch jene zu Ehren des Bonner Meisters. Das kann man hinnehmen oder auch nicht. Die Bayerische Staatsoper etwa hat die Huldigungszeit kurzerhand verlängert und dem Wiener Klassiker sein „Montagsstück XV: Der gestirnte Himmel“ gewidmet.

Keltisch geht es los mit zwei der 25 „Irish Songs“ und sechs „Schottischen Liedern“, die Edwin Crossley-Mercer vor einer blau getönten Kulisse und vom Kammerensemble begleitet singt. Der französische Bariton überzeugt nicht nur mit seinem schwungvoll-energetischen Timbre, das dem folkloristischen Gehalt der Lieder gut steht, sondern ist auch ausgesprochen fotogen, was in Livestream-Zeiten von Nahaufnahmen nicht ganz unerheblich ist.

Dramatischer geht es weiter mit Lise Davidsen und den „Sechs Liedern von Gellert“. Durchdringend intoniert die norwegische Sopranistin das klingende Zeugnis der fundamentalen Krise Beethovens um 1800: die fortschreitende Ertaubung, gegen die der Komponist trotzig aufbegehrte, indem er den Solisten oder die Solistin den Schmerz hinausposaunen lässt. Davidsen löst das intensiv ein.

Es folgt eine Kamerafahrt hinter die Kulissen, wo Nikolaus Bachler, der im Sommer scheidende Intendant, noch einmal zu seinen schauspielerischen Ursprüngen zurückkehrt. Einsam an einem von Kerzen gerahmten Holztisch rezitiert er das schriftliche Zeugnis jener Krise, Beethovens „Heiligenstädter Testament“: ein subjektiver Aufschrei, berührender Hilferuf und Anklage eines Verzweifelten, der in einer kollektiven Wendung hochaktuell wirksam wird.

Den schmerzgeladenen und hoffnungsvollen Weg aus der Krise verarbeitete Beethoven Jahre später im Mittelsatz seines Streichquartetts op. 132, „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit“, den das Praetorius-Quartett auf der schlichten Bühne der Staatsoper spielt, als ob es kein Morgen gäbe.

Video auf Anfrage

ab heute, 19 Uhr, unter staatsoper.tv für 4,90 Euro.

Artikel 1 von 11