Nicht ganz leicht zu sagen, wer von den beiden der ausgebufftere Entertainer ist. Barack Obama, der vielleicht musikalischste Präsident, den die USA je hatten, unterhält sich für den ersten einer geplanten Reihe von Podcasts (Spotify) mit Bruce Springsteen, dem wohl eloquentesten Musiker des Landes. Der Politiker und der Rockstar haben, das stellt sich schnell heraus, beide mehr gemein, als man vermuten könnte. Deswegen auch der Titel: „Renegades“, was wunderbar viel Raum für Interpretation lässt. Das kann Herumtreiber ebenso bedeuten wie Außenseiter oder Abtrünnige.
Obama ist es, der die Sache aufklärt. Die beiden gegensätzlichen Männer hatten bemerkt, dass sie sich trotz unterschiedlicher Biografien in einem verblüffend ähnlich sind: Sie hatten ihre Karrieren begonnen, um wahrgenommen, gehört zu werden, weil sie sich als unverstandene Außenseiter fühlten. Obama, ein Meister der pointierten Anekdote, lässt Springsteen viel zu Wort kommen und garniert das mit erläuternden Anmerkungen, schließlich hatte er schon vor Jahren erklärt: „Ich bin der Präsident, aber Springsteen ist der Boss.“
Die beiden wirken aufrichtig aneinander interessiert, und die Diskussionen, die mal persönliche Themen streifen, oft Erinnerungen an die Jugend aufgreifen, aber auch das nahe liegende Thema des Zusammenlebens diverser Ethnien, Kulturen und Lebensentwürfe in ihrer Heimat, klingt nie aufgesetzt. Das ist auch die Kunst, denn natürlich hört man hier nicht zwei entspannte Privatiers einfach so plaudern. Beide wissen, was sie sagen und warum; sie sind seit Jahrzehnten geübt darin. Dieses eigenwillige Duo will aufarbeiten, was die USA aufwühlt und nahezu zu zerreißen droht: den unversöhnlichen Gegensatz zwischen Eliten und Abgehängten, zwischen Menschen verschiedener Hautfarben, zwischen Alltag und großer Politik.
Akademisch wird es dabei nie, denn Obama und Springsteen wissen, wie man die Aufmerksamkeit der Menschen gewinnt. Der „Boss“ lässt wunderbar trocken wissen, dass er sich leider überhaupt nicht erinnern könne, wann genau man sich das erste Mal getroffen habe, während Obama beiläufig erwähnt, den privat zurückhaltenden Mister Springsteen müsse man unter Zuhilfenahme einiger Drinks zum Reden bringen. Nun kann man, wie das einige Berufsnörgler regelrecht parallel zur Veröffentlichung des Podcasts erledigt haben, grundsätzlich kritisieren, dass hier zwei ältere Herrschaften die Welt erklären. Man kann aber auch zuhören und dabei viel erfahren über die USA, dieses Land, das unser Schicksal mitbestimmt, ob das nun gefallen mag oder nicht. Profis ihre Professionalität vorzuwerfen ist albern.
Was man in den vergangenen Jahren, nicht nur in Amerika, gelernt haben könnte: Die Vorstellung, dass man lieber mal unbeschwerte Amateure machen lassen sollte, ist irrig. Und gefährlich. Wenn sich schon zwei Männer unterhalten sollen über Gott, die Welt und das merkwürdige Dasein als Männer, die es gerne richtig machen würden, dann Springsteen und Obama.