Sie ist eine der erfolgreichsten Schauspielerinnen im deutschsprachigen Raum. Eine starke Frau, die weiß, was sie kann, und sagt, was sie denkt. In einem Interview mit der „Zeit“ spricht Senta Berger nun zum ersten Mal darüber, dass auch sie von Kollegen sexuell belästigt und misshandelt wurde. Es fallen die Namen sehr prominenter Schauspieler, mit denen die 79-Jährige einst vor der Kamera stand.
Vielfach habe sie Missbrauch am Set erlebt, berichtet Berger und erhebt Vorwürfe gegen den österreichischen Schauspieler O. W. Fischer (1915-2004). Dieser habe beim Dreh von „Es muss nicht immer Kaviar sein“ Anfang der Sechzigerjahre versucht, sie zu vergewaltigen. Außerdem habe er sie geschlagen und verletzt. „Danach hätte ich eigentlich sagen müssen: Ich kann morgen nicht mit Ihnen drehen und diesen Film nicht mit Ihnen machen“, so Berger. Stattdessen habe sie während des sechswöchigen Drehs kein privates Wort mit ihm gewechselt. Am Ende habe er sich mit dem „Faust“-Zitat: „Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan“ entschuldigt.
Die Wahl-Münchnerin berichtet zudem von einem weiteren Vorfall mit dem aus einer russisch-jüdischen Emigrantenfamilie stammenden US-Schauspieler Kirk Douglas (1916-2020). Dieser habe versucht, sie gegen ihren Willen zu küssen. Als sie ihren Kopf weggedrehte, habe er sich mit den Worten „Your People killed my People“ („Deine Leute haben meine Leute getötet“) gerechtfertigt.
Wie sie solche Übergriffe wegstecken könne, habe sie schon am Theater in Wien gelernt. In dieser Zeit seien Frauen noch von Schauspielern, die die Bühne verließen, in den Po gezwickt worden. Damals habe sie sich „fest vorgenommen: Ich merke das gar nicht“, sagte sie. Sie habe „keinem dieser Herren das Vergnügen meiner Empörung bereiten“ wollen.
Der Fall des wegen Vergewaltigung verurteilten US-Produzenten Harvey Weinstein habe sie nicht erstaunt, meint Berger. Anlässlich der #MeToo-Debatte habe sie viel mit Sohn Simon diskutiert, der als Regisseur arbeitet und zu einer anderen Generation gehört. „Die Machtverhältnisse ändern sich, das Geschlechterverhältnis ändert sich.“ Allerdings werde ihrer Ansicht nach zu viel über Sprache und Gendersternchen und zu wenig über die realen Verhältnisse gesprochen. „Und zu viel über Schauspielerinnen und zu wenig über Putzfrauen oder Busfahrerinnen.“ dpa