Im filmischen Helden-Kosmos von Marvel sind die Megastars Hollywoods vertreten: etwa Scarlett Johansson, Mark Ruffalo, Benedict Cumberbatch, Chris Evans oder Robert Downey Jr. Aber eben auch Daniel Brühl, eigentlich eher als Charakterdarsteller abonniert. Der Deutsch-Spanier spielte 2016 den Antagonisten Baron Helmut Zemo, der den Superhelden das Leben verleidet. Derzeit greift er in „The Falcon and the Winter Soldier“, der neuen Serie auf Disney+, erneut ins Geschehen ein. Warum das Böse Spaß macht und wie es am Filmset in Atlanta zugeht – wir haben mit dem 42-Jährigen darüber gesprochen.
Wie muss man sich ein Casting fürs Superhelden-Universum vorstellen?
Für „The Avengers: Civil War“ durfte ich Marvel-Chef Kevin Feige persönlich treffen. Er erzählte mir, dass er die Rolle von Baron Zemo neu interpretieren und sogar auf mich zuschneiden will. Ich fand es damals spannend, dass er sich ein wenig von den Comic-Vorlagen entfernte. In der aktuellen Serie ist Baron Zemo nun wieder etwas anders dargestellt. Es gibt dadurch mehr Möglichkeiten für Neues, für Humor. Das hat mir schon beim Lesen großen Spaß gemacht. Und ich habe wieder freudig zugesagt.
Ihre Figur in „Civil War“ war tatsächlich um einiges ernster angelegt. Jetzt tragen Sie etwa einen dekadenten Mantel mit Pelzkragen – wirken cool und witzig zugleich.
Kevin Feige und alle Beteiligten sind ja sehr schlau. Für das Orchestrieren dieser großen Mission in „Civil War“ war es gut, Zemo in seiner Ernsthaftigkeit, Kälte und Schärfe zu zeigen. Im Gesamten handelt es sich aber um Popkultur – und das Überhöhen gehört dazu. Jetzt so ein Outfit wie im Comic zu tragen, macht einfach Spaß. Zumal die Figur des Zemo etwas völlig anderes ist als das, was ich normalerweise mache.
Wie war die Stimmung bei den Dreharbeiten?
Man hat es mit fantastischen Kollegen zu tun, mit tollen Regisseuren und Produzenten, die einen sehr gut behandeln – es ist wirklich eine Freude. Dabei vergisst man die riesige Maschinerie im Hintergrund, den enormen Druck! Sie schaffen es immer, eine Stimmung aus Leichtigkeit und Furchtlosigkeit zu kreieren. Da kann man dann auch mal Sachen anbieten. Gerade reden etwa alle über meinen Zemo-Tanz – das war eine Improvisation, von der ich annahm, dass sie herausgeschnitten wird. Aber ich dachte mir: Zemo hat zehn Jahre im Knast gesessen, der muss mal Dampf ablassen. Der Tanz ist drin geblieben!
Zemo trägt Pelz, fährt Sportwagen, hat einen Jet. Wie definieren Sie Luxus für sich?
(Lacht.) Ich lebe auf anderem Fuß als der Baron – und bin froh darum. Gut, ich kann mich für alte Autos begeistern. Ich habe selbst eine alte Gurke, die ist aber nichts mehr wert. Gut essen zu können, reisen zu dürfen – das ist für mich Luxus.
„Civil War“ lief vor fünf Jahren im Kino. Wie schnell waren Sie wieder in der Rolle?
Das geht schnell. Sobald man die Drehbücher öffnet, erinnert man sich. Die Regisseurin und ich haben auch im Vorfeld viel besprochen. Und ich wurde immer auf dem Laufenden gehalten, was Kostüm und Design anbelangt. Außerdem habe ich zu Anthony Mackie, dem Falcon, und Sebastian Stan, dem Winter Soldier, ein sehr gutes Verhältnis, zwischen uns stimmt die Chemie.
Die Serie thematisiert unter anderem Rassismus. Wie politisch kann eine Superhelden-Reihe sein?
Es ist Marvel immer wichtig, aktuelle Relevanz einzubeziehen. Captain Americas Kampf gegen die Nazis etwa war hochpolitisch. Jetzt ist es unter anderem das Thema Rassismus. Darf ein schwarzer Amerikaner den Schild und damit das Erbe von Captain America annehmen? Wieso bekommt ein Schwarzer keinen Kredit? Und warum wird er von der Polizei aufgehalten, ein Weißer aber nicht?
Das Gespräch führte Katrin Basaran.