Schwerer Abschied

von Redaktion

Das Münchner Volkstheater sagt „Radikal jung“ ab – will aber im alten Haus nochmals spielen

VON MICHAEL SCHLEICHER

Es hätte das große Finale am Standort an der Brienner Straße werden sollen, bevor das Münchner Volkstheater im Sommer in sein neues Domizil im Schlachthofviertel zieht. Doch nach langen internen Diskussionen hat das Haus nun „Radikal jung“ abgesagt. Wie im vergangenen Jahr fällt damit auch die 17. Auflage des renommierten Festivals für junge Regisseurinnen und Regisseure aus.

„Wir wissen einfach nicht, wann wir wieder spielen dürfen“, erklärt Intendant Christian Stückl im Gespräch mit unserer Zeitung. Daher konnte etwa auch die Idee eines abgespeckten Festivals, das zum Beispiel ausschließlich an einem Wochenende stattfindet, nicht weiter verfolgt werden. Hinzu kommt, dass die Jury um „Radikal jung“-Leiter Jens Hillje in der laufenden Spielzeit kaum Gelegenheit hatte, Produktionen zu sichten, die für eine Einladung nach München infrage kommen – von einigen Online-Inszenierungen einmal abgesehen. Daher hat das Theater gestern die Reißleine gezogen.

Still und leise will sich Stückls Mannschaft allerdings nicht vom Haus unweit des Stiglmaierplatzes verabschieden, wo das Volkstheater seit 1983 beheimatet ist. „Wir wollen hier auf jeden Fall nochmals spielen“, stellt der Intendant klar. „Irgendetwas machen wir hier noch.“ Wann, was und wie – das hängt vom Pandemie-Geschehen ebenso ab wie von den politischen Entscheidern. Möglich wäre zum Beispiel, dass die städtische Bühne ihr im vergangenen Jahr sehr erfolgreiches Freilufttheater im Innenhof heuer wieder aufbaut.

Die gute Nachricht: Der Umzug in den Neubau an der Tumblingerstraße ist durch Corona nicht in Gefahr. Aktuell geht Stückl davon aus, dass er das neue Haus wie geplant am 15. Oktober eröffnen kann. „Wir werden mit fünf Premieren rauskommen“, sagt er – die Stücktitel will er jedoch erst später verraten.

Mehr Platz und ein größeres Budget wird es im Schlachthofviertel dann auch für „Radikal jung“ geben. Daher werde das beim Publikum enorm beliebte Festival, das vor Corona stets hervorragende Auslastungszahlen hatte, im nächsten Jahr „schon ein bisschen größer werden“, verspricht der Intendant. Und Festivalleiter Jens Hillje ergänzt: „Für all die jungen Theaterleute, die zurzeit isoliert an der Zukunft unserer Kunst arbeiten, haben wir jetzt mit der Organisation von ,Radikal jung 2022‘ als ,Fest nach der Pest‘ im neuen Haus begonnen.“ Das immerhin ist ein Trost.

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