Zweieinhalb Jahre hat er im Studio gearbeitet und viel Herzblut in elf neue Songs fließen lassen. „Willkommen Goodbye“ heißt das Album von Joris. Auch sonst läuft’s für den 31-Jährigen rund: In „Sing meinen Song“ dreht sich heute alles um seine Hits. Einen Einblick in sein Leben gibt er im Anschluss an die Show.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe keine Lust mehr, über Corona zu reden. Wollen wir über etwas anderes sprechen?
Au ja, gerne! Worüber?
Zum Beispiel darüber, wie Musik ein Kraftquell sein kann. Welche Musik legen Sie auf, wenn Sie so richtig entnervt sind?
Das kommt darauf an, ob ich entkräftet bin oder ob mich etwas ärgert. Wenn mich etwas ärgert, dann höre ich eher was Rockiges. Ich hab früher Schlagzeug in einer Hardrock-Band gespielt – meine ersten Platten waren von Linkin Park, Green Day, Limp Bizkit. Und wenn ich so ein bisschen down bin, setze ich auf Fröhlicheres – Zaz zum Beispiel.
Musik als Gute-Laune Quelle. Kennen Sie es auch, diese als Katalysator für miese Gefühle zu nutzen, um in Melancholie zu baden?
Klar, wenn ich so richtig Liebeskummer habe – natürlich! Musik ist ja nicht nur dafür da, das Kontrastprogramm zu liefern, sondern Musik ist immer auch ein sehr guter Soundtrack. Gerade dieses Gefühl von Melancholie ist natürlich auch wunderschön.
Ein Beispiel?
„Bitter Sweet Symphony“. Ansonsten gilt: Solange ich merke, dass die Musik aus guten Beweggründen und mit viel Liebe gespielt ist, kann ich mir fast alles anhören.
Gibt es Lieder Ihrer Kindheit, die Sie besonders geprägt haben?
Absolut. In meinem neuen Song „Nur die Musik“ sind einige verarbeitet. Das ist eine Hommage an alle meine Lieblingslieder. Die Musik ist in Form eines Schlagzeugs mit fünf Jahren in mein Leben gekommen, dann das Klavier und die Gitarre. Musik hat immer die richtigen Töne gefunden, egal in welcher Situation ich war. Ich bin früh Trennungskind gewesen, war viel allein zu Hause. Musik war immer ein guter Freund. 1996 kam eine „Bravo Hits“-CD mit dem Lied „Lemon Tree“ von Fools Garden heraus. Damals fand ich es faszinierend, dass Menschen in einem Studio einfach ein Glas hinwerfen durften, was dann aufgenommen wurde. Fallendes Glas ist in „Nur die Musik“ genauso drin wie etwa die Bassdrum-Figur von Snoop Doggs „Drop it like it’s hot“.
Ihr neues Album beginnt mit „Aurora“, dem Sonnenaufgang, und endet mit „Game over“…
Genau. Wenn Sie die Vinylplatte haben, haben Sie die Sonnenaufgangsseite mit Kindheitserinnerungen. Wechselt man dann auf die „Nachtmusik“-Seite, gibt es mit „Steine“ einen Song vom Verlust: Jemand ist gegangen, und die Welt bleibt stehen. Es gibt so viele Lieder darüber, die behaupten, dass man diesen Schmerz irgendwie füreinander tragen kann – das ist Bullshit, kann man nicht. Man muss durch den Schmerz durch, aber das, was man füreinander tun kann, ist, füreinander da zu sein. „Ich kann nicht für dich fallen, aber ich kann dich auffangen.“
Willkommen und Goodbye gehören zum Leben dazu. In jedem Abschied steckt ein Willkommen – das klingt leichter, als es ist.
Nicht in jedem Abschied steckt ein Willkommen. Ich glaube, es gibt Dinge, die sind endgültig, und an dieser Tatsache ist nichts Gutes zu finden. Aber wenn man mal ein plattes Beispiel nimmt: Man wird mit 16 verlassen – und denkt: Das ist das Schlimmste, was man je durchlaufen muss. Ein paar Jährchen später versteht man: Ja, das wird einem vermutlich noch mal passieren. Aber man weiß, dass es danach weitergeht. Und dass es wieder wunderschön wird. Es wird anders, aber es wird wunderschön. Das ist damit gemeint. Was ich nicht meine, sind die Geschichten, die mir Fans erzählen, die Kraft in meiner Musik finden. Da merke ich: Wenn du beispielsweise dein eigenes Kind verlierst, dann gibt’s da kein Willkommen im Goodbye. Das will ich mir auch nicht anmaßen, so etwas zu behaupten. Aber es gibt eben viele Dinge im Leben, die, mit der richtigen Haltung angegangen, einen doch weiterbringen und bei denen man vielleicht am Ende froh ist, dass man mal gestolpert ist.
Wie reagieren Sie auf sehr persönliche Geschichten Ihrer Fans?
Nach den Konzerten ist das manchmal nicht ganz so leicht, weil ich von der Bühne mit diesem beschwingten Gefühl komme – und dann auch von Schicksalen höre, die hart zu verdauen sind. Trotzdem ist das natürlich sehr wertvoll, dass die Geschichten, von denen ich singe, viele Menschen auf ihre Situation adaptieren. Übrigens auch bezogen auf heitere Momente. Es gibt Geschichten, bei denen ich denke: Aaaah, erzähl’s mir nicht. (Lacht.) Welche Kinder bei meinen Liedern gezeugt wurden, muss ich nicht unbedingt wissen.
Das Gespräch führte Katja Kraft.
TV-Hinweis:
Joris ist heute ab 20.15 Uhr bei „Sing meinen Song“ auf Vox zu sehen.