Dresden trennt sich von Thielemann

von Redaktion

VON MARKUS THIEL

„Angekommen“ rief es im September 2012 von fast allen Plakatwänden der Stadt. Als Christian Thielemann seinen Einstand als Chefdirigent der Dresdner Staatskapelle feierte, da wurde dies vermarktet wie ein „Endlich daheim“. Doch der Star ist ab 2024 nun heimatlos. Wie das sächsische Kulturministerium gestern mitteilte, wird Thielemanns Vertrag über die Saison 2023/24 hinaus nicht verlängert.

Das ist ein Paukenschlag in der internationalen Musikszene und zugleich ein Déjà-vu: Ähnliches war passiert, als sich die Stadt München seinerzeit von ihm als Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker trennte. In Dresden geht man sogar noch einen Schritt weiter: Der Freistaat macht an der Semperoper Tabula rasa. Auch der Intendant Peter Theiler, früher in gleicher Position an der Nürnberger Oper, muss gehen. Die Dresdner Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) ließ hierzu mitteilen, man wolle für das Haus eine Perspektive „Semper2030“ entwickeln. Möglicher Grund: Die Renommierbühne dümpelt derzeit in künstlerischer Unverbindlichkeit dahin und kann über ihren Status als Touristenziel hinaus kaum Aufmerksamkeit entwickeln.

Schon seit Längerem war klar, dass Theiler und Thielemann an der Semperoper nicht miteinander können. Angeblich wechseln sie mittlerweile kein Wort mehr miteinander. Unter anderem wollte Thielemann seine Staatskapelle zusammenrufen, um einmal und ohne Publikum groß besetzte Strauss-Werke durchzuspielen – als Training fürs Orchester. Theiler unterband dies. Der Dirigent tröstete sich unter anderem mit Gastauftritten bei seinen geliebten Wiener Philharmonikern, mit denen er einen Bruckner-Zyklus einspielt. Die Karriere des in seinem deutschromantischen Repertoire idealen Künstlers entfaltet damit eine bemerkenswerte, ungute Kontinuität. Ob in Nürnberg, an der Deutschen Oper Berlin oder bei den Münchner Philharmonikern: Stets schied Thielemann im Streit. Nachdem einer der bedeutendsten Pultmänner unserer Zeit auch nach 2022 die Salzburger Osterfestspiele verlassen muss, ist der 62-Jährige nach jetzigem Stand dann ohne Chefposten. „Unabhängig davon würde ich mich freuen, wenn Christian Thielemann mit seinem weltweit geachteten Profil weiterhin der Semperoper künstlerisch verbunden bleibt“, erklärte Dresdens Kulturministerin Klepsch.

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