Halleluja, es gibt sie noch: handgemachte Blues-Musik, bei der jeder Ton zählt. Gitarrensoli, in denen das Vibrieren des Instruments noch zu hören ist. Hölzern, kratzend. Dazu gesellt sich der wabernde Klang einer Hammond-Orgel. Swingend, sexy und doch stechend. Woher die Musik stammt? Louisiana? Texas? New York? Nein, aus Münster, Westfalen.
Gregor Hilden heißt der Mann, der übers Griffbrett streichelt wie kaum ein anderer deutscher Gitarrist. „Vintage Wax“ lautet der Titel seines Albums. Es ist eine mitreißende Verbeugung vor alten Organ-Trio-Aufnahmen der Sechzigerjahre. Alter Stoff – mit jeder Menge neuem Biss. Wunderbar.
„Blues lässt sich leicht spielen, jedoch schwer fühlen“, sagte Legende Jimi Hendrix einmal in einem Interview. Es war ein frecher Saitenhieb (!) des Stars auf all die Gitarristen Ende der Sechziger, die wild die Bluestonleiter rauf und runter jagten. Die gibt es heute auch noch zuhauf. Womit wir wieder bei Gregor Hilden wären: Der Mann aus Münster ist anders. Das zeigt er beispielsweise eindrucksvoll in der Nummer „Yearning Blues“. In dieser Eigenkomposition lässt er die Töne atmen, legt Pausen ein, um dann plötzlich kurz Vollgas zu geben. Ein Soundtüftler.
Die E-Gitarre klingt pur, unverfälscht. So wie es sein muss. So wie bei Stevie Ray Vaughan. Man lausche nur dessen legendärer Studioversion von „Tin Pan Alley“ von 1984. Auch dort hört man regelrecht das Zittern des Ahornhalses, des Palisander-Griffbretts seiner Stratocaster. Jede Note – und sei sie nur einen Viertelton nach oben gezogen – steht.
Das ist großes Akustik-Kino und eben auch Hildens Welt. Wobei sich der Münsteraner (der auch leidenschaftlicher Gitarren-Sammler ist) auf seinem Album weniger an Vaughan als an Legende Freddie King orientiert. So covert er auch dessen Hit „San-Ho-Zay“ – kupfert aber nicht ab, sondern zaubert eine wunderbar wilde Melange aus Blueslicks und Jazz-Läufen auf den Plattenteller. Herrlich geschmackvoll.
Gesungen wird auf dem Album wenig. Die Stücke sind hauptsächlich instrumental, was aber nie langweilig wird: eine Seltenheit. Mal geht es auch funkig, mal soulig zu. Wenn jemand zum Mikro greift, dann macht man frech auf Sinatra.
Auch das klappt überraschend gut. Immer mit einem Hauch Hippie-Gefühl und mit dem treibenden Sound des hervorragenden Organ-Spielers Wolfgang Roggenkamp – auch seine Soli reißen einen vom Hocker. Man wird beim Zuhören den Eindruck nicht los: Regisseur-Legende Quentin Tarantino hätte einen Riesen-Spaß an diesem Album. Warum? Weil hier coole Könner am Werk sind, und das mit einer fetten Schicht Vintage.
Gregor Hilden Organ Trio:
„Vintage Wax“ (Acoustic Music Records/Galileo).