Sinéad O’Connor ist seit ihrem ersten Aufschlag in der Öffentlichkeit stets mehr gewesen als einfach nur eine Sängerin. 1987 sorgt sie mit dem Video zu ihrer Debütsingle „Mandinka“ für Aufsehen: Eine kahl geschorene Sängerin, die erkennbar auf Krawall aus ist, fällt sofort auf. Wenn sie nun, mit nur 54 Jahren, ihren Rückzug vom Musikgeschäft ankündigt, heißt das keineswegs, dass sie deswegen aus der Öffentlichkeit verschwindet. Die notorische Skandalnudel beteuerte zwar einmal, es sei keine Absicht, dass sie immer so viel Ärger verursache, aber sie hat sich seit 30 Jahren eben auch nie Mühe gegeben, keinen zu verursachen.
Gleich nach dem weltweiten Durchbruch mit ihrer Version der Prince-Ballade „Nothing compares to you“ im Jahr 1990 tut sie buchstäblich alles, um anders zu sein. Die Welt ist verzaubert von der bildhübschen Sängerin mit der seelenvollen Stimme, aber O’Connor will genau so nicht wahrgenommen werden: als adrettes Popsternchen. Bei ihrem ersten Auftritt in den USA gelingt es ihr, das gesamte Land gegen sich aufzubringen, als sie sich weigert, vor ihrem Konzert die US-Hymne abspielen zu lassen, wie es Sitte ist. Die Künstlerin setzt ihren Kopf durch, verärgert aber die Mächtigen des US-Showgeschäfts. O’Connor freilich hält das nicht davon ab, gleich für noch mehr Stunk zu sorgen: In einer US-amerikanischen Fernsehsendung zerreißt sie das Foto des Papstes als Ausdruck des Protests gegen dessen Haltung zur Abtreibung – und weil sie die katholische Kirche allgemein nicht recht leiden kann. In den bigotten USA ein Affront, dessen Folgen sie bald zu spüren bekommt: Auf der Bühne wird sie feindselig ausgebuht, von Bob-Dylan-Fans übrigens, um die Sache noch bizarrer zu machen. Die Irin veröffentlicht weiter Musik, die auch recht ordentlich über die Theken geht, aber in der Öffentlichkeit dominiert das Bild einer unberechenbaren und labilen Person. 1996 lässt sie sich zur Priesterin der apostolischen Kirche Irlands weihen und schwört der „weltlichen“ Musik ab.
Natürlich macht sie danach doch wieder profanen Pop, zwischendurch lässt sie sich regelmäßig scheiden, manchmal schon nach zwei Wochen Ehe und verstört mit verlässlicher Konstanz durch irrlichterende Aussagen. Im Jahr 2003 verkündet sie erstmals ihr Karriereende und feiert in der Folge ein recht erfolgreiches Comeback – zwischendrin sucht sie per Annonce einen Partner.
Die psychischen Probleme nehmen im Lauf der Jahre zu, Platten-Veröffentlichungen und Tourneen müssen gelegentlich verschoben werden, die Fans machen sich – nicht völlig zu Unrecht – Sorgen um die Frau, die immer mit dem Kopf durch die Wand will. Nun zieht O’Connor also die Notbremse, ganz zur Ruhe setzen will sie sich freilich nicht. Patin in einer Castingshow, das wäre eine schöne Betätigung, für die sie nun ausreichend Zeit hätte, lässt sie wissen. Es wird spannend bleiben mit dieser Frau.