40 Jahre außergewöhnliche Kunst: Dafür steht die Galerie Rieder. 1984 zog die Galerie von Gauting an die Münchner Maximilianstraße 22 um. Seitdem behauptet sie sich dort. Die Edith und Werner Rieder Stiftung unterstützt zudem seit 1999 soziale Zwecke. Stephanie Schnuerer, seit 1999 als Kunsthistorikerin verantwortlich für die Ausstellungsleitung, Konzeption und Vermittlung, gibt einen Eindruck zur aktuellen Lage.
Sie hätten gerade den perfekten Anlass zum Feiern.
Wir können keine große Feier oder Vernissage machen. Deswegen haben wir uns vier Ausstellungen vorgenommen mit Künstlern, die die Galerie schon seit vielen Jahren vertritt: Wir beginnen mit zwei Klassikern, Horst Antes und Fred Thieler, und mischen diese mit jüngeren Kollegen, die wir über die Akademie kennengelernt haben. Ab Ende August und über die Open Art hinaus zeigen wir dann Nan Goldin zusammen mit Herlinde Koelbl, deren Porträt-Zyklus „Spuren der Macht“ auch zum Abschied von Angela Merkel präsentiert wird.
Sie setzen viel auf Kontakte zu den Künstlern. Wie gestaltet sich das jetzt?
Sobald das Reisen wieder einfacher wird, kommen die Künstler nach München. Wir wollen dann versuchen, kleine Veranstaltungen zu machen wie Rundgänge und lockere Gespräche. Es kommt immer sehr gut an, wenn von der Arbeit aus dem Atelier erzählt wird.
Wie hat sich das Kundenverhalten seit der Pandemie verändert?
Als wir nach dem ersten Lockdown öffnen konnten, ging es wieder richtig los. Das war gut bis zum Herbst. Ab dem zweiten Lockdown gab es einen deutlichen Einbruch, der war nicht so einfach aufzufangen. Die Leute sehnen sich nach Kunst, aber sie möchten lieber spontan entscheiden, wo sie hingehen. Zudem ist das Publikum von außerhalb und aus dem Ausland komplett weggebrochen.
Hat sich das Publikum über die Jahrzehnte gewandelt? Sie haben auch die Unterstützung beim Sammlungsaufbau im Portfolio?
Größere Sammlungen werden von Firmen gepflegt, die auch ihre Büros ausstatten. Zudem haben wir einige Privatsammler, die ihre Schwerpunkte ergänzen möchten. Manche unserer Stammkunden fallen zwar aus Altersgründen weg, aber es kommen dafür wieder neue dazu, die ganz am Anfang stehen.
Spielt dabei zu Zeiten der Negativzinsen Kunst als Geldanlage eine Rolle?
Das ist unterschiedlich. Es gibt klassische Sammler, die auf bestimmte Namen setzen, da ist der Wert wichtig. Bei zeitgenössischen Künstlern gibt es die Liebhaber, die etwas sehen und es spontan haben wollen. Wir haben in erster Linie Kunden, die nach Gefallen entscheiden, wo die Werthaltigkeit keine prägende Rolle spielt. Wir haben aber eben auch weniger die gängigen Namen im Programm. Wir vermitteln nur Kunst, hinter der wir voll und ganz stehen.
Nach welchem Profil wählen Sie aus?
Das ist einerseits abstrakte, sehr reduzierte Kunst, die oft durch ein strenges, schlichtes Konzept besticht. Auf der anderen Seite sind es zeitgenössische Künstler, die zwar der Gegenständlichkeit verhaftet sind, aber mit einer eigenen, subjektiven Interpretation. Als Schwerpunkt bleiben die Klassische Moderne, die Bauhaus-Kunst und das Informel ab 1945. Das alles war Edith Rieders Affinität von Anfang an. Dem stellen wir junge Zeitgenossen gegenüber.
Wie sehen Sie die Münchner Kunstszene?
Ich empfinde es so, dass sehr viele Kunstrichtungen gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Verschiedene Medien, verschiedene Stile existieren parallel und werden gleichzeitig wertgeschätzt.
Sie präsentieren Ihre Auswahl weiter in den Räumen, in der die Galerie Günther Franke einst Kunstgeschichte schrieb. Haben Sie nie überlegt, wie so viele andere ins Museumsareal umzuziehen?
Es ist schön, dass es so etwas wie das Museumsareal gibt. Aber es ist wichtig, dass sich Kunst über die Stadtteile verteilt. Nur fünf von über 30 Galerien sind noch in der Nähe der Maximilianstraße geblieben. Das ist schade, und man spürt es. Aber für uns war es nie ein Thema, hier wegzugehen. Die Räume sind wirklich schön, und man kann sie immer wieder gut gestalten.
Ihr Wunsch an München?
Manchmal spüren wir eine Rivalität von München und Berlin, obwohl man beide Szenen gar nicht vergleichen kann. Es wäre schön, wenn in München weiterhin die Offenheit für Kunst und außergewöhnliche Positionen vorhanden bleibt oder gar gesteigert wird. Wichtig ist immer eine Weiterentwicklung.
Das Gespräch führte Freia Oliv.
Ausstellung:
„40 Jahre Galerie Rieder I“ bis 12. August; Telefon 089/29 45 17, www.galerierieder.de.