Vermächtnis mit Köpfchen

von Redaktion

Trotz des Todes ihres Gründers Cope legen die Steel Woods ihr Album „All of your Stones“ vor

VON CHRISTOPH ULRICH

Sie gelten als die jungen Lynyrd Skynyrd, ihre bislang drei Platten werden einem neuen Genre zugeordnet, dem Smart Southern Rock. Der Vergleich der Steel Woods aus Tennessee mit dem übergroßen Southern-Rock-Flaggschiff aus Florida hat Substanz: Sänger und Gitarrist Wes Bayliss verfügt tatsächlich über ein Organ, das nah an das von Ronnie-Bruder Johnny Van Zant reicht. Der Grundton der Gruppe aus Tennessee ist jedoch dunkler, ihre Musik schwerer und um einiges ausgefuchster. Ob man ihnen mit der Genre-Betitelung einen Gefallen getan hat, sei dahingestellt. Obwohl, Köpfchen hat ihr moderner Southern Rock.

Während sich das von Bayliss und Gitarrist Jason „Rowdy“ Cope geschriebene Debüt „Straw in the Wind“ (2017) hörbar vor den gemeinsamen Country- und Bluegrass-Wurzeln verneigt, erlaubte sich das überwiegend live eingespielte, furiose „Old News“ (2019) einen unmissverständlichen Kommentar zur gesellschaftlichen Spaltung der USA. Ihr drittes Album nun, „All of your Stones“, wurde zum Vermächtnis von Bandgründer Cope, der im Januar unerwartet starb. Er wurde 42 Jahre alt. Die Nachricht traf Familie und Fans hart und war doppelt schmerzvoll für Bayliss, Bassist Johnny Stanton und Schlagzeuger Isaac Senty, die einen Freund und Kollegen zu betrauern hatten. Es wäre verständlich gewesen, hätte sich die Band aufgelöst. Das stand auch zur Debatte. Gemeinsam mit der Familie des Verstorbenen entschied man sich, nicht aufzugeben.

„Es ist hart, da durchzumüssen“, sagt Bayliss. „Die Songs auf dem Album hatten anfangs nicht die Bedeutung, die sie jetzt haben“, fügt er an. „Im Studio hab’ ich zu Rowdy gesagt: ,Abgesehen von ein paar Sachen, die sich ein wenig abseits vom Thema bewegen, ist das dein Album.‘“ Es handle so sehr von ihm und von den Kämpfen, die er führen musste, um siegreich daraus hervorzugehen. Und plötzlich seien die Songs, die sich nicht direkt darum drehten, zum Thema geworden. Rückblickend grenzt es an ein Wunder, dass die Band das Album in dieser Form vollenden konnte.

The Steel Woods hatten im Sommer 2020 einen Termin für die ersten Sessions gebucht, und der fiel genau in jene Woche, in der das Studio nach dem Lockdown wieder öffnen durfte. „Natürlich mussten wir uns an Hygieneregeln halten“, erzählt Bayliss, „aber wir konnten das Wesentliche aufnehmen.“ Den Gesang habe er in seinem nagelneuen Homestudio aufgezeichnet. Als das Album schließlich fertig gemischt war, passierte die Katastrophe: „Das letzte Mal, als ich Rowdy gesehen habe, war in der Nacht, in der wir den Mix des Albums abgenommen haben.“ Sie hätten einander die Hand gegeben und versichert, dass sie die Dinge, über die sie Kontrolle haben, gewissenhaft erledigt hätten. „Und dann war er fort“, sagt Bayliss und lässt eine lange Pause folgen. „Es ist schon verrückt, wie das alles gelaufen ist.“ Er schätze sich glücklich, dass er das Album nicht alleine habe fertigstellen müssen. „Wir haben es gemeinsam gemacht – und jetzt sollte es auch gehört werden.“

The Steel Woods:

„All of your Stones“ (Woods Music/Thirty Tigers/Membran).

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