Die Sache mit Südkorea freut sie ganz besonders. Natürlich ist Helga Schubert glücklich, dass ihr aktuelles Werk viel und gern gelesen wird – „Vom Aufstehen“ begeistert Publikum und Kritik (wir berichteten). Doch dass ihr Verlag, dtv in München, gerade die Rechte an ihrem außergewöhnlichen Buch in die ostasiatische Republik verkauft hat, macht die 81-Jährige froh: Koreanische Übersetzungen von Büchern, die vom Leben in Diktaturen erzählen, werden nämlich regelmäßig in den Norden des Landes geschmuggelt, wo das kommunistische Regime die Menschen einsperrt.
Da Schubert, 1940 in Berlin geboren, in ihrem aktuellen Werk eben auch von ihren Jahren in der DDR berichtet, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die koreanische Ausgabe von „Vom Aufstehen“ ebenfalls auf verschlungenen Wegen in das abgeschottete Land kommen und den Leuten dort Mut machen wird. Denn: „Diktaturen gehen zu Ende“, ist die Schriftstellerin überzeugt. „Sie werden zerfressen von ihrem eigenen Krebs, ihrer Bösartigkeit gegenüber der eigenen Bevölkerung. Das macht mir große Hoffnung beim Blick auf aktuelle Diktaturen.“
Schubert, die im vergangenen Jahr mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, nachdem ihr die DDR 1980 die Teilnahme an dem renommierten Literaturwettbewerb verboten hatte, ist an diesem Montagabend zu Gast im Münchner Literaturhaus. Hier findet noch bis morgen die abwechslungsreiche „Sommer Edition“ des Literaturfests statt (siehe Kasten) – alle Veranstaltungen vor Saalpublikum werden zusätzlich gestreamt: Bei Helga Schubert haben sich Literaturfans nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus England und Ungarn zugeschaltet.
Es ist spannend, mitunter komisch und stets berührend, wie die Autorin von ihrem Leben und Schreiben erzählt. Beides bedingt einander, klar. Doch nur „ein kleines bisschen von dem, was ich erlebt habe, ist so gefiltert, dass es in eine Geschichte passt“. So entstehen ihre leisen, doch wichtigen Texte, die das große Ganze berühren – ein Glück für alle, die Schubert lesen.
Kenntnisreich und umsichtig befragt von Marie Schoeß berichtet die Autorin am Montag etwa, woher ihre Ablehnung von Pathos rührt: „Ich habe in einer Diktatur gelebt, in einer Umgebung, die mit Pathos gearbeitet hat. Irgendwo stand immer ein Plakat.“ Ihr feiner Witz und ihr treffender Humor – beide sorgen im Literaturhaus für Vergnügen – waren dabei durchaus eine Herausforderung für die SED-Bonzen, erzählt sie: „Ich war schon immer eine Spottdrossel – und darauf bin ich sehr stolz.“ Zu Recht.