Und wenn sie nicht gestorben sind? Obwohl: Vielleicht sind Tristan und Isolde gar nicht tot. Sondern einfach, die Schattenrisse zum „Liebestod“ zeigen es, in einer anderen, besseren Welt. Wie es überhaupt in dieser Fassung von (nicht nur) Wagners ultimativem Liebesdrama einige Leichen weniger zu beklagen gibt. Und dass alles drei Stunden weniger als im Original dauert, nämlich 65 Minuten, kommt den Adressaten auch zugute. Zum zweiten Mal zeigen die Bayreuther Festspiele im Rahmen der Kinderoper „Tristan und Isolde“. Nicht mehr auf der Probebühne neben dem Festspielhaus, wo man dicht an dicht sitzend mit den hautnahen Heldinnen und Helden mitfiebern konnte. Und wo das Orchester mit Dirigent Azis Sadikovic daneben saß, sodass Klein und Groß Wagners Musik beim Entstehen zuschauen konnte. Das alles fällt nun, auch Corona-bedingt, weg.
Gespielt wird im „Reichshof“ im Stadtzentrum, einem alten Kino. Dort gibt es eine richtige Bühne, die mit verschiebbaren Schiff-Burg-Elementen derart zugestellt ist, dass man sofort Mama im Hinterkopf hört: „Räum’ erst mal dein Zimmer auf.“ Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder) sitzt und tönt im Rücken des Publikums auf der Empore. Und dies manchmal, daran ist die Akustik schuld, sehr dominant. Ein bisschen schade das alles, weil vom üblichen Witz der Kinderoper wenig zu spüren ist. Erstmals sind die Sprechtexte gereimt, immerhin das bringt ein paar Pointen. Brangäne (Simone Schröder) holt den Liebestrank aus der Minibar. Der Held, das ist der Clou, wird von Wagner-Recke Stephen Gould verkörpert. Der dreht gern effektvoll auf, was den Kleinen vorführt: So laut kann ein Mann sein. Isolde (mit Operetten-Charme: Kelly God) agiert da feinsinniger. Die Sache in der Regie von Dennis Krauß hat trotz Kürzungen auch Längen. Die Atmosphäre im sehr luftig besetzten Kino ist entsprechend mau. Man möchte dem Nachwuchs zurufen: Nächstes Jahr, oben am Hügel, wird alles wieder lustig. MARKUS THIEL