Blues, Bass und Bart

von Redaktion

Er hieß, wie seine Band klang: Dusty Hill von ZZ Top ist im Alter von 72 Jahren gestorben

VON JOHANNES LÖHR

Manche Namen erzeugen Bilder. Dusty Hill ist so einer. Man sieht den Wüstenstaub von Houston, Texas. Es kratzt im Hals, ein Bourbon täte gut. Dusty Hill: Die Hügel bei Regensburg flimmern in der Sonne, dunkles „Kneitinger“-Bier auf der Zunge, in der Nase eine Mischung aus Zelt-Muff und ihrem Parfüm. Die Musik im Kopf ist beide Male dieselbe: Ein Blues-Shuffle schlurft über einem unendlich lässigen Bass.

1996, als die Erinnerungen sich beim Autor dieser Zeilen ins Hirn gruben, war die Band ZZ Top, deren Bassist Dusty Hill war, Hauptattraktion des kleinen Open Airs am Sarchinger Weiher bei Regensburg – zusammen mit den weitaus angesagteren Fantastischen Vier. Doch das Publikum feierte das Trio aus Texas mindestens so sehr wie die deutschen Hip-Hopper.

Wohl weil niemand jemals so lässig sein wird wie die Live-Band ZZ Top. Vorne an der Bühne zwei Stoiker mit Gandalf-Bärten – Hill und Sänger/Gitarrist Bill Gibbons –, die nur ab und zu synchron die Hälse ihrer Instrumente im Takt ihres Blues-Hardrock schwingen ließen – und allein dafür Jubel ernteten. Wobei Hill meist die schalkhaften Ansagen übernahm.

Fast auf den Tag 25 Jahre später ist Dusty Hill gestorben. Er wurde 72 Jahre alt. „Zusammen mit Legionen von ZZ-Top-Fans auf der ganzen Welt werden wir Deine standhafte Präsenz, Deine Gutmütigkeit und Dein dauerhaftes Engagement vermissen“, teilten seine Kollegen Gibbons und Frank Beard mit.

1969 kamen die „Tres Hombres“ zusammen, den Durchbruch schafften sie 1973 mit der gleichnamigen LP und Songs wie „Tush“, „La Grange“ und „Jesus just left Chicago“. Sie verausgabten sich bei unzähligen Konzerten, machten erst mal Pause – während der sich Gitarrist und Bassist die Bärte wachsen ließen, die sie zum Kult machten. „Manche Leute tragen falsche Bärte zur Tarnung, das konnten wir leider nicht“, scherzte Hill in einem Interview. „Wo ich hinging, zog ich sofort eine Menschenmenge an.“

Richtig groß wurde die „little old band from Texas“ erst im MTV-Zeitalter, und das lag sicher nicht nur an den Synthesizern, mit denen sie ihren Bluesrock jetzt aufgepumpt hatte: In den Videos erst bemerkte man die unfassbare Coolness dieser Boogie-Meister, die über Sonnenbrillen, schöne Autos und schnelle Frauen sangen.

Sie verloren nie ihre Liebe zum Blues. „Den Blues, den man auf der Veranda spielt“, sagte Dusty Hill einmal. Wie jene Platten von Lightnin’ Hopkins und Howlin’ Wolf, die er von seiner Mutter kannte. Woran der Mann, dessen Name klang wie die Musik von ZZ Top, gestorben ist, ist unklar. Zuletzt musste er sich von einem schweren Hüftleiden erholen.

Dass die Band ohne ihn weitermacht, ist kaum vorstellbar. Die Musik aber wird bleiben – und die Erinnerungen.

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