Es beginnt in der U-Bahn. Die wackelnde Kamera fährt im Heute los, streift durch den Bahnhof und taucht auf der anderen Seite im Berlin der Weimarer Republik wieder auf. Da steht er, der Fabian. Neben ihm erscheint ein Mann, das Gesicht vom Krieg zerstört. Regisseur Dominik Graf hat sich in seinem neuen Film „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ Erich Kästners Roman von 1931 gewidmet.
Die Geschichte erzählt vom Germanisten Jakob Fabian (Tom Schilling), der seinen Job als Werbetexter in einer Zigarettenfabrik verlieren wird. Er vergnügt sich mit Alkohol und Frauen („Mein Geschmack neigt zu blond, Erfahrung spricht dagegen“) und streift mit dem unglücklich verliebten Labude (Albrecht Schuch) durchs Nachtleben. Bald lernt er Cornelia Battenberg (Saskia Rosendahl) kennen. Sie will Schauspielerin werden. Zwischen beiden entwickelt sich eine Liebe, die ganz leichtfüßig erzählt wird, mit nackten Ulkereien und zarten Dialogen. Doch die Geschichte wird tragisch enden. Wie vieles in der Zeit.
Berlin als sündiges Kuriositätenkabinett, so zeigt es der Film auf der einen Seite. Da werden Eisblöcke zerhackt und ausgedachte sibirische Akzente genutzt. Mittendrin träumt Meret Becker in einer fantastisch heruntergekommenen Rolle von einem Männerbordell. Und während die Menschen sich nach Liebe sehnen und in Eitelkeiten untergehen, erstarkt der Nationalsozialismus.
Der Film hat ein quadratischeres Bildformat. Man sieht einen Zusammenschnitt aus historischen Aufnahmen und gespielten Szenen, aus lauter Musik und leisen Dialogen. So entsteht eine durchaus faszinierende Collage. Allerdings hat der 176-Minüter seine Längen und will mit all den Stilmitteln zu viel.
Regisseur Dominik Graf hat sich nicht zum ersten Mal einen historischen Stoff vorgenommen – mit „Die geliebten Schwestern“ schaute er aufs Weimar im 18. Jahrhundert. In seinem fast drei Stunden langen „Fabian“ erzählt er nun vordergründig eine romantische Geschichte, fragt aber auch, welchem Kompass man im Leben folgen will. Kann man als moralischer Mensch in einer unmoralischen Welt bestehen? Tom Schilling, Saskia Rosendahl und Albrecht Schuch – mit ihnen ist dafür eine tolle Besetzung gefunden worden.
Der Nachsatz „Der Gang vor die Hunde“ – mit diesem Titel ist Kästners Roman vor einigen Jahren in einer unzensierten Fassung noch einmal erschienen – deutet die Antwort schon an. „Ein Nachbar schläft, ein andrer klagt. Ein Dritter redet viel“, heißt es in einer Filmszene. „Stationen werden angesagt. Der Zug, der durch die Jahre jagt, kommt niemals an sein Ziel.“ JULIA KILIAN
„Fabian oder Der Gang vor die Hunde“
mit Tom Schilling, Saskia Rosendahl, Albrecht Schuch
Regie: Dominik Graf
Laufzeit: 176 Minuten
Annehmbar (((;;
Dieser Film könnte Ihnen gefallen, wenn Sie Erich Kästners Roman „Fabian“ mochten.