Helene Fischer hat einen Neuen! Nicht mehr Flori, auch nicht Thomas. Der frischgebackene Mann an ihrer Seite ist Luis Fonsi, Latin-Popstar aus Puerto Rico, der 2017 mit „Despacito“ sogar einen noch größeren Hit landete als Helene vier Jahre davor mit „Atemlos durch die Nacht“. Nun hat die gemeinsame Plattenfirma Universal ihre besten Pferde im Stall zusammengespannt. Gestern ist das Duett „Vamos a Marte“ („Lass uns zum Mars fliegen“) erschienen, die erste Fischer-Platte seit 2017. Aber was heißt schon „erschienen“? Helene „hat uns neue Musik geschenkt“, wie die Plattenfirma jubelt. Und dabei handelt es sich demnach um ein „Lied, das zu den besten und erregendsten ihrer Karriere gehört“. Bei Deutschlands Schlager-Königin ist eben alles eine Nummer größer.
Ab sofort ist die musikalische Raumfahrt bei allen Streamingdiensten verfügbar. Dazu gibt es ein YouTube-Video, in dem Helene gewohnt mühelos Olympia-reife Turnübungen vollführt und ihre Neueroberung anschmachtet. Dass „Vamos a Marte“ ein hübsch gemachter Latin-Ohrwurm zwischen J.Lo. und Álvaro Soler ist, der bestens ins Sommer-Radio passt, steht außer Zweifel – es haben ja auch genug Autoren daran herumgeschraubt. Zwölf Songschreiber für ein einziges Lied hat Universal angeheuert, darunter Helene selbst, Latin-Popper Nico Santos, die Cronauer-Brüder aus Freising (Vanessa Mai) sowie die Hip-Hop- und Rap-Experten Matthias Zürkler, Vincent Stein und Konstantin Scherer. Sie waren schon für Kollegah oder Bushido tätig, und sollen nun Helene Fischer vom Schlager- zum Popstar befördern, möglichst weltweit.
Herausgekommen ist ein schwitzig-erotischer Schlager-Latin-Mix, eine Art „Despacito durch die Nacht“ oder auch „Atemlos durch die Karibik“, von dem man nicht recht weiß, wie er ins Jahr 2021 passt. Die Plattenfirma feiert „den größten und schönsten Sommerhit, den wir besitzen“, und der perfekt „zum Sommer und der Freiheit“ passen soll, die sich nach Corona alle „glücklich tanzenden Körper“ wünschen. Dass sich die 37-Jährige damit „noch einmal ganz neu erfindet“, ist allerdings nicht zu hören.
Denn auf dem Mars ist das Frauenbild noch traditionell und wohlgeordnet. „Wir schauen uns aaaan, ein bisschen zu laaang“, schwärmt Helene mit ihrer Musical-Stimme, und schon ist es passiert. Weil das Marsmännchen rattenscharf ist, kann das wehrlose Weibchen nicht anders, und muss sich ihm an die Brust werfen: „Zwischen uns nur Millimeter. Ich hab keine Wahl, ich folge Deinen Signalen, oh.“ Ja mei, die Hormone, verstehen’s? Das Tanzen, so die Ex vom Flori, „fühlt sich aaaan wie tausend Grad. Du liest meinen Körper, keine Wörter können beschreiben, was ich mit Dir fühl“. Und dann ist es endlich so weit. Der Mars macht mobil, die Rakete startet. Ob die Haftbefehl-Bushido-Fraktion der braven Helene hier ein phallisches Symbol untergejubelt hat, bleibt unklar. Jedenfalls hebt sie ab mit dem Luis: „Ich verlier die Kontrolle, ich spür Deinen Atem, ich kann nicht mehr warten. Lass uns zum Mars fliegen.“
Das Frauenbild in „Vamos a Marte“ ist also nicht das Allermodernste. Da war Katja Ebstein vor einem halben Jahrhundert bei Heck in der Hitparade schon mal weiter. Ein Sommerhit dürfte trotzdem drin sein. Und damit hat die Fischer-Großoffensive 2021 erst begonnen. Helene, so die rührige Plattenfirma, schenkt uns auch noch ein neues Album. Ob man dieses Geschenk annehmen möchte, bleibt gottlob jedem Musikfan selbst überlassen.
Helene Fischer hatte sich eine lange Auszeit gegönnt