Superlative sind im dicht getakteten Kalender der Salzburger Festspiele schnell parat. Hier, wo sich die Weltstars die Klinke in die Hand geben und das Publikum von einem roten Teppich zum nächsten eilt. Als Steigerung bleibt da wohl tatsächlich nur noch der erwartungsvolle Blick „Himmelwärts“. Mit diesem Motto hat man an der Salzach in diesem Sommer einen groß angelegten Bach-Schwerpunkt überschrieben, den nun Daniil Trifonov mit seiner Wiedergabe der „Kunst der Fuge“ eindrucksvoll beendete.
Ein Prüfstein für jeden Klaviervirtuosen, der von dem 30-jährigen Russen mit neuem Kontext versehen wird. Bevor er in den Kosmos der Kontrapunkte eintaucht, stellt Trifonov dem Abend Bachs Chaconne aus der Partita d-Moll voran, bearbeitet von Johannes Brahms – die ersten Noten bereits angeschlagen, noch ehe der Auftrittsapplaus ganz verebbt. Wie herausgerissen aus dem lauten Trubel, der gerade noch in der Hofstallgasse vor dem Festspielhaus herrschte. Reduziert auf die linke Hand, während die andere, zur Untätigkeit verurteilt, sich fest in den Klavierhocker krallt.
Was folgt, ist ein langsames aber stetiges Hinübergleiten in eine andere Welt. Der anfangs noch atemlos hektisch wirkende Zugriff gewinnt von Takt zu Takt an Fokus und Intensität, bis die mit dunklen Klangfarben malende Chaconne fließend in den ersten, sich sanft ins Ohr schmiegenden Noten der „Kunst der Fuge“ mündet.
Ein simpler, aber effektvoller Kniff, den der Pianist im Laufe des Abends mehrfach verwendet und damit gerade jene Übergänge betont, bei denen er die Musik in der Stille nachatmen lässt.
Fast bedauert man da die eingeschobene Sektpause, doch zum Glück knüpfen die technisch brillant dargebotenen und meditativ in sich ruhenden Spiegelfugen XII und XIII nahtlos an den Geist der vorangegangenen Nummern an. Gerade hier meistert Trifonov die Gratwanderung, einerseits die Strukturen der einzelnen Stücke klar hörbar zu machen, ohne dabei ins trockene Dozieren zu verfallen.
Eigenwillig, aber in seiner Kompromisslosigkeit durchaus überzeugend fällt schließlich die Antwort auf den Umgang mit dem finalen Fugenfragment über das Thema B-A-C-H aus. Hier ergänzt Trifonov das Opus mit der Bearbeitung des Chorals „Jesu bleibet meine Freude“ von Myra Hess, die den Weihrauch zum Glück in der Sakristei lässt. Eine feinfühlige Interpretation, die durch ihre ungekünstelte Schlichtheit berührt und auch dem bis dahin meist streng auf die Tasten oder zur Rückwand des Bühnenraumes starrenden Pianisten selbst ein entspanntes und zufriedenes Lächeln auf die Lippen zaubert, ehe er sich nach getaner Arbeit mit Standing Ovations feiern lässt.