Wenn Jeff Koons von den „Experiences“ schwärmt, die man in einem Auto machen kann, ploppen gleich Bilder im Kopf auf. Pärchen, die sich zum ersten zarten Rendezvous im Autokino treffen. Werdende Mütter, die schon auf dem Weg in die Klinik auf der Rückbank gebären. Und apropos Kinder: Nostalgisch erinnert man sich, wie man selbst als junger Stöpsel des Nachts von den Eltern in die Familienkutsche getragen wurde, weiterschlief auf der langen Fahrt in den Urlaub – und morgens in Italien aufwachte. Es mag also arg pathetisch klingen, wenn der US-amerikanische Künstler im Gespräch mit unserer Zeitung immer wieder die unheimliche Bedeutung hervorhebt, die Autos für die Menschheit haben – blickt man in der eigenen Vita zurück, muss man doch lächelnd nicken ob der unvergesslichen Momente, die einem die mobilen Kisten ermöglicht haben.
„Das ist Kunst. Ingenieurskunst“, betont Koons. Er ist am Wochenende nach München gekommen, um Vorfreude zu säen. Auf einen neuen BMW, der Anfang des kommenden Jahres der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. Auch dieses Modell: Kunst. Designt von Jeff Koons persönlich, diesem lebendig gewordenen Knalleffekt des weltweiten Kunstmarkts. Lernt man den 66-Jährigen kennen, wirkt der recht unspektakulär, farblos fast. Ein Mann, der leise spricht, jedem das gleiche freundliche Lächeln schenkt, einen mit kaum spürbarem Händedruck begrüßt. Wenn er mit seinem Studio die nächste große Kunstaktion startet, knallt es dafür umso mehr. Seine „Rabbit“-Skulptur wurde 2019 für 91,1 Millionen Dollar verkauft – und ist damit das teuerste Werk eines lebenden Künstlers.
Vor elf Jahren hat Koons bereits einen Wagen gestaltet, das BMW M3 GT2 Art Car, das am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teilnahm. Es gehört zu der inzwischen 19 Wagen umfassenden Art-Cars-Reihe des bayerischen Automobilherstellers. Bis zum 12. September sind sechs der motorisierten Kunstwerke in der Pinakothek der Moderne zu sehen, gleich am Eingang steht das Regenbogen-bunte Mobil von Koons. Auch Robert Rauschenberg, Andy Warhol oder Roy Lichtenstein haben schon bei der Serie mitgemacht. Jeder Beitrag ein Einzelstück.
Das soll die zweite Kollaboration von BMW und Koons nicht sein. Das geheimnisumwitterte Fahrzeug wird in einer Edition erscheinen. Wie viele Schlitten wird es geben? Und: Quanta costa? Abwinkendes Lachen von Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender der BMW AG: Auflage und Preis bleiben einstweilen geheim. Einzig das Modell wird verraten: Ein BMW 8er Gran Coupé hat Koons im Werk in Dingolfing nach seinen Vorstellungen umgestalten lassen.
Ein Sportwagen also wie damals, als er jung war. Sein erstes Auto? War ein Ford Fairlane. „Danach ging es dann mit lauter Muscle-Cars weiter: Austin Healey Spirit, Austin Healey 3000, Firebird…“ – groß und knallend musste es bei Mr. Koons schon immer sein. Völlig klar also, dass er sich ein Auto aus seiner Edition sichern wird. „Wenn Sie mich im nächsten Jahr in New York sehen sollten, dann hinter dem Steuer“, meint er grinsend. Und philosophiert dann darüber, wie sich das anfühlt – „ein bisschen wie in der Gebärmutter“. Nun gut, das können wir nicht überprüfen. Aber feststellen: Bei diesem Projekt waren alle mit kindlicher Begeisterung dabei. Die zehn besten Lackierer von BMW durften die Vorstellungen vom detailversessenen US-Künstler umsetzen. Der kam selbst häufig im Werk vorbei. Die Farbspritzpistolen der Mitarbeiter erinnern daran. Jeff Koons hat sie alle signiert. Für (noch mehr) Freude am Malen.
Bis 12. September
sind sechs BMW Art Cars in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, zu sehen; Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Do. 10 bis 20 Uhr.