Kniekurze Hose, aufgeknöpftes Shirt und zerzauste Haare – so sieht eben einer aus, der den ganzen Tag mit dem Radl durch München und zuletzt zu Probe und Interview zum Hofspielhaus gedüst ist. „Ich brauche ne aktive und aufrechte Körperhaltung, bei allem, was ich mache. Da hilft mir das Radfahren“, sagt Götz Otto. Und außerdem: „Ich hasse es, bei dem Verkehr in München Auto zu fahren.“ Gleich neben dem Hofspielhaus, im Renaissancehof der Alten Münze, steht der 53-Jährige ab diesem Samstag als Shakespeares Richard III. auf der Bühne. Eine finstere Gestalt, ein Mörder, der für das Streben nach Macht und Englands Krone buchstäblich über die Leichen seiner Lieben ging.
Seit Sie 1997 in „James Bond – Der Morgen stirbt nie“ Richard Stamper spielten, den Handlanger des Bösewichts, scheinen Sie ein Abonnement auf fiese Typen zu haben. Nervt Sie das?
Hat es mal. Inzwischen finde ich, dass ganz häufig diese Bad Guys die spannenderen, die sexy Figuren sind, weil ihre Persönlichkeiten mehr Reibungsflächen bieten. Da traut sich einer Dinge, von denen wir wissen, dass wir sie nicht tun dürfen. So ein Bösewicht ist ja immer auch ein Mensch. Ein Grenzgänger, mit dem wir uns vielleicht identifizieren können, weil wir doch alle mal Fehler machen.
Aber es gibt auch die abgrundtief Bösen.
Absolut. Der perfideste Typ, den ich je gespielt habe, war für mich Paul Schäfer, pädophiler Sektenführer der Colonia Dignidad in Chile. „Dignity“ wurde sogar für einen Grimme-Preis nominiert. Eine wirklich tolle Arbeit. Dieser Schäfer ist für mich nicht böse, sondern krank.
Zum aktuellen Stück: Regisseur Sascha Fersch hat „Richard III.“ fürs Hofspielhaus adaptiert. Können Sie uns dazu schon etwas verraten?
Sascha hat so etwas wie eine Meta-Ebene geschaffen. In bester Shakespeare-Manier kommen meine beiden Kollegen Mira Huber und David Hang mit mir auf eine Art Marktplatz und sagen „Wir spielen für euch Richard III.“ Irgendwann verschwimmen aber die Grenzen, und es gibt ein interessantes Ende.
Richard III. war durch Skoliose entstellt. Sie sind topfit – wie stellen Sie den Mann mit Buckel dar?
Es geht um Intrige, Skrupellosigkeit, Manipulation – und ob der Richard nun ein Krüppel ist oder nicht, ist mir persönlich total egal. Abgesehen davon hatte Richard tatsächlich Skoliose. Und da schließt sich der Kreis: Ich hatte nämlich als Kind auch Skoliose, bis ich mit dem Rudern begann. Ich hatte eine Steuerbordskoliose, also bin ich backbord gefahren – und jetzt bin ich gerade. (Lacht.)
Sie wurden Vize-Juniorenweltmeister im Achter. Für das Stück singen Sie und haben sogar Gitarre gelernt.
Verrückt was? Das Singen hatte ich schon auf der Schauspielschule. Aber Gitarre habe ich tatsächlich erst gelernt. Und ich bin jetzt 50 plus und habe dicke Finger!
Wie haben Sie sich das dann beigebracht?
Unser Regisseur ist auch ein toller Musiker und hat selbst die Shakespeare-Sonette vertont, die wir singen und spielen. Er hat mir ein paar Tutorials geschickt, und ich habe dann brav in der Einsamkeit der Pandemie begonnen, Gitarre zu spielen. Ich habe ihn verflucht, mehrmals das Instrument zertrümmert. Aber jetzt denke ich: Ist doch egal, ich spiel’ mal was, vielleicht wird’s auch nur Hänschen-Klein.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Christiane Brammer, der Intendantin des Hofspielhauses?
Sie hat mich angesprochen. Und: Wir sind beide Würmtaler. Sie kommt aus Gräfelfing, ich aus Krailling. Wenn man aus dem Würmtal kommt, kommt man aus dem Valley. Und wenn man aus dem Valley kommt, dann kennt man sich. Ich habe mir das Haus und Aufführungen angeschaut – und fand es toll. Es ist eine besondere Atmosphäre unter dem Motto: Wir machen hier was Schönes, und wenn du Lust hast, komm’ doch auch! Was ich gesehen habe, hatte ein richtig fettes Niveau! Abgesehen davon: Wie oft bekomme ich denn noch Richard III. angeboten?
Das Gespräch führte Katrin Basaran.
Premiere
an diesem Samstag im Renaissancehof der Alten Münze (Hofgraben 4), Vorstellungen bei schlechtem Wetter im Hofspielhaus (Falkenturmstraße 8),
ab Oktober nur noch drinnen, Termine und Vorverkauf unter hofspielhaus.de oder Telefon 089/24 20 93.