„Eine Trutzburg“ nannte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter in seiner Ansprache die neue Halle des Schwere Reiter an der Dachauer Straße, die gegenüber dem nun bald abgerissenen alten Bau hoch aufragt. Der Begriff Trutzburg trifft: Die Fassade aus senkrecht in den Boden gerammten, ineinander greifenden stählernen Spundwandteilen bietet als bauliche Maßnahme wasserdichten Schutz. Für Tanz, Theater und Musik der freien Münchner Szene ist dieses rostig braun-rote Gehäuse „für zunächst zehn Jahre“, so Reiter, eine Heimat.
Die hat besonders die freie Szene verdient, die unter Corona-Auftrittsverbot existenziell höchst gefährdet ist – was Reiter auch hervorhebt. Über die Kosten des Neubaus hat er sich diplomatisch ausgeschwiegen. Das freut eher. Denn mal ehrlich: Münchens freie Szene ist doch immer auch Inspiration und Antrieb zu Erneuerungen der etablierten und gut subventionierten Hochkultur. Das äußert sich aktuell ganz eindringlich an den sich verändernden Spielplänen von Häusern wie den Kammerspielen und dem Residenztheater.
Die Räumlichkeiten sind jetzt die gleichen wie im Vorgänger-Gebäude, erweitert jedoch um ein zweites Studio. Alles ist jetzt strahlend neu und, so wird versichert, die Akustik sei besser. Ohne Mikro-Verstärkung war der Architekt Lukas Wahlknecht jedoch nur sehr schwer verständlich. Mit Erleichterung und Freude dann die Begrüßung durch das Betreiber-Trio der neuen Kulturstätte. Das sind die Vereine Tanztendenz München und Pathos München und scope – Spielraum für aktuelle Musik im Kreativquartier: „Wie schön, sie alle hier zu sehen“, sagten die jeweiligen Sprecher. Das klingt nicht nur echt, es kommt fühlbar aus dem Herzen.
Es sind ja immerhin 120 Geladene – alle auf der Tribüne, zwar noch mit Maske, aber ohne die bis dahin geltenden Abstandsregeln. So viele Zuschauer dicht an dicht ist für Gastgeber wie Gäste noch sehr ungewohnt. Nach kurzen Minuten vergisst man seine heimlichen Bedenken, wenn die neuen Chefs Namen von vielen Menschen nennen, die alle an der neuen Heimstätte mitgewirkt haben, uns auch neugierig machen auf kommende Veranstaltungen und Kostproben davon für den Eröffnungsabend eingeplant haben.
Micha Purucker von der Tanztendenz startet mit Cheerleaders im Astronauten-Look. Das scope-Ensemble stimmte uns ein mit einer Uraufführung: Klänge von verschiedenen Instrumenten scheinen da miteinander im Gespräch. Das Pathos schickte surreal parlierende Spaziergänger durch die Nacht. Moritz Ostruschnjak zeigte seine schrägen Demo-Tänzer aus der Choreografie „Yester:Now“. Und eine Ausstellung blickt in Bildern und Texten zurück auf die vergangenen 13 Jahre.
Eröffnungswochen
bis 31. Oktober,
www.schwerereiter.de.