Große Namen gehören an der Bayerischen Staatsoper zur Tagesordnung. So findet sich selbstverständlich auch in der zum „Septemberfest“ deklarierten Eröffnungswoche der Intendanz von Serge Dorny auf den Besetzungszetteln viel Prominenz: von Anja Harteros und Eva-Maria Westbroek bis hin zu Christian Gerhaher und John Lundgren, der nach seinen Bayreuther Auftritten nun bei uns als Wagners „Fliegender Holländer“ zu erleben ist.
Gleichzeitig war die erste Vorstellung unter dem neuen Chef ein deutliches Bekenntnis zum eigenen Ensemble. Konnte die Wiederaufnahme des „Gianni Schicchi“ doch bis auf zwei Ausnahmen aus den eigenen Reihen besetzt werden. Rund um den umjubelten Titelhelden Ambrogio Maestri erlebte man eine wunderbar aufeinander eingeschworene Truppe, die Puccinis rasanter Komödie mit viel Spielwitz Leben einhauchte. Sicher, manches ist in Lotte de Beers Inszenierung dick aufgetragen. Aber wenn die geldgierige Familie mit scheinheiligem Grinsen Spinelloccio verabschiedet und dabei den zuvor von Donato Di Stefano genüsslich ausgekosteten Bologneser Zungenschlag nachäfft, animiert das selbst abgebrühte Opernfans immer wieder zum Lachen.
Ebenso zu erwarten war der verdiente Szenenapplaus für den Hit des Stücks, das von Emily Pogorlec weich intonierte „O mio babbino caro“, bei dem Daniele Rustioni die Streicher des Staatsorchesters wunderbar schmalzen ließ. Der Dirigent präsentierte sich als zuverlässiger Kapellmeister, der das Geschehen stets souverän im Griff hatte – obwohl im Eifer des Gefechts manchmal die Pferde etwas durchgingen: Dem Spaß tat dies keinen Abbruch, weder auf noch vor der Bühne.
Reichlich Musik gab es am Wochenende aber nicht nur im Nationaltheater, sondern ebenso – bei freiem Eintritt – nebenan im Brunnenhof. Wobei mit Balkanrhythmen, Operetten-Klassikern und einem Laune machenden Auftritt des Ensembles OPERcussion für jeden Geschmack etwas dabei war. Mitten im Getümmel: Intendant Dorny, lässig in Jeans und im regen Austausch mit seinem Publikum. Mitmachen konnten hier nicht nur Kinder bei Bastelaktionen, Schmink- und Requisitenshows. Auch die Erwachsenen waren gefordert, etwa beim „Melodien raten“. Dargeboten wurden diese von Mitgliedern des Opernstudios, die von übereifrigen Ratern meist nach wenigen Takten unterbrochen wurden. Was die übrigen Gäste aber nicht davon abhielt, im Anschluss an die Quizrunde die vollständigen Arien lautstark einzufordern.
So kam man zum Glück doch in den Genuss von Granit Musliu als Nemorino (aus „L’elisir d’amore“) und konnte erleben, wie sich Yajie Zhang unter großem Beifall mit dramatisch auftrumpfendem Mezzo an die Arie der Principessa aus „Adriana Lecouvreur“ wagte.
Ein Hit vor allem beim jungen Publikum waren die Herren des Staatsballetts, die mit der Handwerkerszene aus John Neumeiers „Sommernachtstraum“ Lust auf dessen Neueinstudierung machten – mit einer souveränen Gratwanderung zwischen Technik und Sinn für Slapstick. Eine andere Facette ihres Könnens durften die Tänzerinnen und Tänzer zudem im Cuvilliéstheater zeigen, wo neben dem neoklassisch eleganten „With a Chance of Rain“ von Liam Scarlett besonders Özkan Ayiks Choreografie „Tag Zwei“ beeindruckte. Wie beim Puccini im Nationaltheater rückten auch hier sechs Mitglieder des Corps de Ballet in den Fokus und wussten diese Chance mit einer hoch konzentrierten Vorstellung zu nutzen.