Vom Leben versehrt

von Redaktion

Heinz Strunk legt mit „Es ist immer so schön mit dir“ einen Liebesroman vor

VON ULRIKE FRICK

Außenseiter. Unglückliche. Einsame. Hässliche. Immer sind es Männer, deren Dasein wie eine schlecht verheilte Wunde vor sich hin schwärt, denen Heinz Strunk bisher seine Bücher widmete. Von „Fleisch ist mein Gemüse“ (2004) über den „Goldenen Handschuh“ (2016) bis hin zum „Teemännchen“ (2018) drehte sich alles um sexuell noch nicht erweckte oder frustrierte Kerle, die an den Anforderungen des Lebens zu zerschellen drohten.

Gerade hat der Hamburger Schriftsteller, Musiker, Satiriker und Schauspieler mit „Es ist immer so schön mit dir“ seinen ersten Liebesroman vorgelegt. Aber der ist ebenso schön abgedunkelt, desillusioniert und melancholisch wie seine bisherigen Texte. Bei Strunk, dem Meister des Widerwärtigen im Goldpapiereinband, ist selbstverständlich auch die Lovestory dysfunktional und unkorrekt, wie es in seinem Kosmos eben üblich ist.

Der Held ist 47 Jahre alt, Produzent von Hörspielen und mitten in der dicksten Lebenskrise. Ein Verlierertyp, ganz klar. Ein gewisses Maß an Auskommen und Existenz hat er sich aber gesichert und sich mit Langzeitfreundin Julia, einer Mathelehrerin, in einem weitgehend emotionsfreien Alltag eingerichtet. „Manchmal, wenn sie in der Stadt spazieren gehen und ihr Spiegelbild zufällig in einem Schaufenster aufblitzt, zuckt er zusammen: Wie sehen die (wir) denn aus!“

Aber was soll noch kommen? Vanessa kommt. Schauspielerin, sehr jung, sehr blond, sehr dünn, und während sich der mittelalterliche Mann in der Minne zwischendurch noch fragt, was diese 20 Jahre jüngere Frau eigentlich von ihm will, wird alles immer komplizierter. Denn Vanessa ist nicht nur hochgradig anorektisch, während Strunks Erzählerfigur sehr gerne isst. Schon beim Kennenlernen bei einer Filmpremiere ist deutlich, dass die beiden kein bisschen zueinander passen.

In „Es ist immer so schön mit dir“ prallen zwei vom Leben Versehrte aufeinander – und kommen fortan nicht voneinander los. Der eine, weil er sich nochmals jung fühlen will. Die andere, weil sie in ihrer Kindheit nicht jung sein durfte.

Die Liebesgeschichte voller fehlender Liebe ist nicht wirklich originell. Die direkte und trotzdem poetische Sprache, in der sie geschrieben ist, dafür umso mehr. Höhepunkt erzählerischer Virtuosität und zugleich Stimmungstiefpunkt des Helden ist ein Familientreffen von Vanessa in einem schauerlichen Romantikhotel nahe Hildesheim.

Heinz Strunk ist ein virtuoser, sensibler Erzähler und er besitzt in seiner nur scheinbar ungefilterten Sprache einen sicheren Instinkt für die Ausdrucksweisen und Phrasen seiner Figuren. Durch ihre Sprache charakterisiert er sie so treffend wie endgültig. Beim Lesen ist es oft, als hörte man Fremden in der U-Bahn zu. Auch bei Strunk sind anhand einiger markanter Redeweisen sofort alle Menschen in ihrer deprimierenden Schlichtheit entlarvt und sämtliche Vorurteile frisch abgestaubt, egal ob am Hotel-Pool oder auf dem Parkplatz.

Heinz Strunk:

„Es ist immer so schön mit dir“. Rowohlt Verlag, Hamburg, 288 S.; 22 Euro.

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