Er habe, stellt Erik Friedlander gleich zu Beginn des Konzerts in der Münchner Unterfahrt klar, diese Band gegründet, um seiner ältesten musikalischen Liebe zu frönen: Rockgitarristen wie Jimi Hendrix und Jimmy Page. „Diese Band“ ist das Trio Sentinel mit der jungen Gitarristin Ava Mendoza und dem Schlagzeuger Diego Espinosa.
Nun sollte man von Friedlander (Foto: Angelo Merendino) allerdings keinen Hard Rock erwarten: Sentinel ist das, was herauskommt, wenn man sich als 61-jähriger Cellist nach mehr als drei erfolgreichen Jahrzehnten in der Jazz-Avantgarde zu erinnern versucht, wie das damals war als Teenager in einer Garagen-Rockband.
Ava Mendoza kontert das Rockmetallische mit bluesigem Südstaatenakzent. Sie kann jederzeit den Schönklang-Schredder anwerfen, flirtet aber lieber mit Surf-Gitarren-Riffs: eine eigenwillige Stilistin, um die sich nicht ohne Grund immer mehr New Yorker Szenegrößen reißen. Friedlander selbst kann sich auf die Stützfunktion des fehlenden Basses zurückfallen lassen oder sein Instrument mittels Elektronik einer E-Gitarre annähern. Espinosa trommelt eher rustikal irgendwo zwischen rockigem Backbeat und swingendem Drive.
Einige von Friedlanders Kompositionen wirken auf interessante Art verunglückt: Manches scheint krachiger, lärmiger intendiert, als es rüberkommt. Aber dann verrutscht es dem avancierten Jazzer halt doch wieder ins vertrackt Vertüftelte, manchmal auch ins Lyrisch-Verspielte. Aber vielleicht kann das gar nicht anders sein, wenn man als Jazz-Intellektueller in der späten Midlife-Crisis ein Stück Rocker-Pubertät wieder aufleben lassen möchte.