Woher kommt der Klang?

von Redaktion

Nevin Aladaˇgs „Sound of Spaces“ in der Villa Stuck

Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, Sie seien in einem Konzert. Aber dieses findet in einem Museum statt, es entsteht beim Durchschreiten der Räume. Sie treffen auf Möbelstücke, die Ihnen bekannt und dann doch wieder fremd vorkommen. Da sind zwar Sessel, Kommoden, Lampen, Bilderrahmen. Sie aber zieren Saiten, Wirbel, Mundstücke, Trommelfelle. Sind dies noch Alltagsgegenstände oder Musikinstrumente oder museale Skulpturen?

Stellen Sie sich Tänzerinnen auf quadratischen Kupferplatten vor, die mit den Absätzen ihrer Stilettos eine choreografsche Partitur in das Metall treiben. Eingeschlagene Kanonenkugeln, die auf einem Gemälde aus Notenlinien militärische Fanfaren komponieren. Und dann: ein riesiger Raum voller musizierbarer Objekte, abstrakter Resonanzkörper aus jeweils mehreren Streich-, Blas- oder Perkussionsinstrumenten.

Die bisher größte Einzelschau der international ausgezeichneten Berliner Künstlerin Nevin Aladaˇg reicht von der Fassade bis in den Garten der Villa Stuck, vom privaten Wohnbereich bis ins Neue Atelier. Sie will keine Retrospektive sein, stattdessen bündelt sie Werkgruppen wie die „Music Rooms“, die Tanz-Performance „Raise The Roof“, die Teppichcollagen, die „Muster-Verwandtschaften“ mit dem öffentlichen Raum eingehen, die skulpturalen „Resonators“ oder Aladaˇgs filmisch-musikalische Städteporträts.

All diese Exponate gehen, kuratiert von Aladaˇg und Helena Pereña, mit dem gesamten Gebäude, vor allem mit den prächtigen historischen Räumen, deren Ornamenten und Gemälden, spannende, experimentierfreudige und besonders spielerische Dialoge ein. Wie reagiert Material unter Einwirkung unterschiedlicher (natürlicher) Kräfte, fragt die Künstlerin, die bis 2000 bei Olaf Metzel in München Bildhauerei studiert hat. Viele der form- wie tonvollendeten Arbeiten sind mit Hilfe von Instrumentenbauern entstanden. Oft liegt ihre Schönheit jedoch auch gerade in der Einfachheit. Durch die zufällige Übersetzung erhält das Material als Bild oder Objekt eine selbstständige Existenz, ein fesselndes Eigenleben.

Woher kommt der Klang, wer kann ihn spielen? Der Mensch und die Natur: Regen, Wind oder Wüstensand, der Luftzug eines Ballons, die Meeresbrandung. Nicht alles werde preisgegeben, verrät Aladaˇg. Es gehe vor allem auch um Assoziationsmöglichkeiten. Wenn Sie die Augen nun wieder öffnen, dann also vielleicht, um sich mit eigenen Ohren von Aladaˇgs vielsaitigem „Sound of Spaces“, dem Klang der Räume in der Villa Stuck zu überzeugen. TERESA GRENZMANN

Bis 20. Februar,

Di.-So. 11-18 Uhr, Katalog: 35 Euro (Hatje Cantz). Infos zu Performances und Lesung: www.villastuck.de.

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