Druck aus dem Graben

von Redaktion

Peter Konwitschny inszenierte Verdis „Trovatore“ am Staatstheater Nürnberg

VON TOBIAS HELL

Höhnische Bemerkungen über die verworrene Handlung des „Trovatore“ dürften wohl fast so alt sein wie Verdis Oper selbst. Viel Einspruch wird es wohl auch von Peter Konwitschny nicht geben, dessen Neuinszenierung am Staatstheater Nürnberg erst gar nicht versucht, die vielen dramaturgischen Löcher zu stopfen. Auf der weitgehend leer geräumten Bühne dominiert ein kleines Kasperltheater, das Timo Dentler und Okarina Peter gebaut haben. Darin dürfen sich die Sängerinnen und Sänger bei ihren Arien immer wieder – vor allem, wenn es besonders konfus wird – mit selbst geführten Puppen doubeln. Wobei der Einfall sich im Laufe des gut zweistündigen, pausenlosen Abends leider bald abnutzt und zur Halbzeit glücklicherweise aufgegeben wird.

Was bleibt, sind die etwas merkwürdigen Konfrontationen, bei denen der mit einer Pistole bewaffnete Titelheld dem Dolch seines Rivalen eigentlich haushoch überlegen sein müsste, aber trotzdem den Kürzeren zieht, weil es laut Partitur eben noch ein paar Nummern abzuliefern gilt. Aber wie gesagt, um Logik sollte man sich bei diesem Werk eh nicht allzu sehr kümmern. Denn was dem „Trovatore“ seinen Stammplatz im Repertoire gesichert hat, ist und bleibt die Musik. Und hier macht Dirigent Lutz de Veer im Graben ordentlich Druck, treibt das Geschehen flott voran und lässt in den großen Chorszenen die Säbel rasseln.

Wobei Konwitschny zu Beginn des zweiten Akts jede „Zigeuner“-Romantik verweigert, die sich heute eh nur noch schwer unkommentiert auf die Bühne bringen lässt. Statt rhythmischem Amboss-Klopfen zelebrieren die Soldaten des Grafen Luna zur Wunschkonzertnummer daher eine Hexenverbrennung samt angedeuteter Vergewaltigung. Entsetzt beobachtet von Azucena, die hier die Ermordung ihrer Mutter erneut durchlebt. Dalia Schaechter spielt diese traumatisierte Frau mit bedingungsloser Hingabe, stellt dabei aber oft Ausdruck über Gesang. Ein Manko, das sich auch bei Emily Newton beobachten lässt, die bei den Verzierungen der Leonora hin und wieder an die Grenzen ihres lyrisch grundierten Soprans gerät. Um sie kämpft Sangmin Lee als Luna mit sauber geführtem Bariton, die Krone des Abends gehört aber dennoch dem Manrico von Angelos Samartzis. Vorab als indisponiert angesagt, sang er sich schnell frei, ließ seine strahlenden Spitzentöne mühelos in den Saal strömen und durfte sich dafür am Ende wohlverdient vom Publikum feiern lassen.

Nächste Vorstellungen

am 20., 25., 27. November; Telefon 0180/13 44 276.

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