Schon ihr erster Filmauftritt katapultierte sie an die Weltspitze: Das Hollywood-Musical „Dreamgirls“ bescherte Jennifer Hudson einen Oscar und einen Golden Globe. Anderthalb Jahrzehnte später, nach der Veröffentlichung dreier Solo-Alben als Sängerin, dem Gewinn eines Grammys und Auftritten in Filmen wie „Sex and the City“, „Winnie“ oder „Cats“, steuert die 40-Jährige auf ihre zweite Oscar-Auszeichnung zu. Denn in der Filmbiografie „Respect“, die am 25. November in den Kinos anläuft, verkörpert sie die Soul-Ikone Aretha Franklin – und erweckt dabei den Eindruck, als sei sie just für diese Rolle geboren worden. Die Kritik lesen Sie in unserer Donnerstagsausgabe. Wir sprachen mit Hudson über Selbstzweifel und die Kraft, die ihr der Glauben schenkt.
Wie fühlt sich das an, wenn man von der Königin des Soul persönlich dazu auserkoren wird, sie in einem Film über ihr Leben zu porträtieren?
Es war nervenaufreibend. Vor 15 Jahren habe ich Aretha zum ersten Mal getroffen und mit ihr über ein mögliches Filmporträt gesprochen – da sehen Sie mal, wie lange ich schon für dieses Projekt gekämpft habe! Erst acht Jahre später meinte sie zu mir: „Jennifer, ich habe mich endlich entschieden. Ich möchte, dass du das machst.“ Sie hat mir nie gesagt, was sie dazu bewogen hat, und heute, drei Jahre nach ihrem Tod, bereue ich es, dass ich mich nie getraut habe, sie danach zu fragen.
Wie war es, in ihre Fußstapfen zu treten?
Zum einen ging für mich ein Traum in Erfüllung, zum anderen hatte ich furchtbare Angst, denn Arethas Fußstapfen sind riesig. Sie war unbestritten die gewaltigste und wichtigste Soul-Stimme aller Zeiten, und es gab so gut wie nichts, was sie nicht konnte. Dass ich von ihr selbst mit der Aufgabe betraut worden war, hat den Druck sogar noch erhöht – schließlich will man ja auf keinen Fall, dass sie enttäuscht ist, wenn sie von ihrer Wolke aus den fertigen Film sieht.
Jedenfalls erfordert es eine Menge Mut, ihre Songs live vor der Kamera zu singen, wie Sie es in „Respect“ tun. Hatten Sie schon immer das nötige Vertrauen in Ihr Talent oder wurden Sie von Selbstzweifeln geplagt?
In meinem Fall würde ich nicht unbedingt von Selbstvertrauen sprechen. Ich würde sagen: Es ist mein Glaube, der mich durchs ganze Leben getragen hat, und er hat mir nun auch geholfen, diese berufliche Herausforderung zu meistern. Meine Gesangsstimme habe ich stets als Gottesgeschenk betrachtet. Ich sage immer: „Gott hat mir diesen Platz zugewiesen, und es ist meine Pflicht, seine Gaben bestmöglich zu nutzen.“ Diese tiefe Verwurzelung im Glauben teile ich übrigens mit Aretha. Es ist kein Zufall, dass wir beide als Gospelsängerinnen in der Kirche begonnen haben.
Der Film zeigt auch, wie viele Steine man Aretha Franklin anfangs in den Weg gelegt hat.
Ja, das war uns wichtig. Viele Leute denken, einem Jahrhunderttalent wie Aretha würde der Erfolg einfach automatisch zufliegen. Ihnen ist nicht klar, was für enorme Kämpfe sie ausfechten und welche Rück- und Tiefschläge sie einstecken musste. Man darf dabei keinesfalls vergessen, dass eine afroamerikanische Frau in den Sechzigerjahren noch eine völlig andere gesellschaftliche Stellung hatte als heute. Damals war es geradezu ein tollkühner Akt, das Lied eines Mannes in eine Hymne für Frauen zu verwandeln, wie Aretha es mit Otis Reddings „Respect“ gewagt hat. Ich hoffe, dass unser Film junge Frauen auch dazu inspiriert, ihre eigene Stimme zu finden und sich nichts gefallen zu lassen.
Gespräch: Marco Schmidt