Vor die Qual der Wahl stellt einen momentan das Münchner Gärtnerplatztheater mit seiner Neuinszenierung von „Hoffmanns Erzählungen“. Diese Offenbach-Produktion wartet nämlich in allen tragenden Rollen mit einer doppelten Besetzung auf. Auch die zweite Premierenrunde nach dem ersten Durchgang am vergangenen Donnerstag kann sich dabei mehr als hören lassen.
Dies beginnt schon bei Titelheld Cameron Becker. Der Hoffmann dürfte bei seiner lyrischen Vergangenheit zwar eine Grenzpartie bleiben. Doch eine, die er sich klug einteilt, um so nach sanften Liebesschwüren im richtigen Moment auch dramatisch attackieren zu können. Denn das braucht es bei einem Gegenspieler wie Matija Meić, der hier mit durchschlagskräftigem Bariton Paroli bietet, Hoffmanns Nemesis aber mit jeder neuen Verwandlung auch stimmlich neue Nuancen abtrotzt.
Exzellent ebenfalls Emma Sventelius, die als Niklas mit facettenreichem Mezzo für sich einnimmt und darstellerisch eine der stärksten Leistungen des Abends liefert. Unter Hoffmanns Objekten der Begierde sticht neben Camille Schnoor (die als Giulietta für ihre erkrankte Kollegin einspringen musste) vor allem die Olympia von Andreja Zidaric heraus. Sie ist nicht die typische Koloraturen-Maschine, sondern verfügt über einen farbigen Sopran, der trotz sicherer Spitzentöne eher ins Lyrische tendiert. Weshalb man ihr durchaus zutraut, in Zukunft eventuell einmal das Kunststück zu meistern, alle drei Frauenrollen zu verkörpern. Bis dahin ist die Antonia aber auch bei Judith Spießer stilistisch bestens aufgehoben. Hut ab vor diesem Ensemble. TOBIAS HELL