Jetzt überlegt mal jeder, wie viel in den vergangenen 20 Jahren in seinem eigenen Leben passiert ist. Und das rechnen wir dann hoch auf jeden einzelnen Menschen dieser Welt. Unzählige Geschichten, aberwitzige Überraschungen, sagenhafte Entwicklungen – Jahr für Jahr für Jahr. Die Kunst bildet das ab. Und mit ihr seit zwei Jahrzehnten die Pinakothek der Moderne.
Allein 2002, das Eröffnungsjahr des Hauses an der Barer Straße 40: Wir haben erstmals Euromünzen in der Hand gehalten, haben Sven Hannawald bei der Vier-Schanzen-Tournee die Daumen gedrückt, waren erschüttert über die Nachricht von Astrid Lindgrens Tod – und diskutierten über Mallorcas Ökosteuer für Touristen. All die Ereignisse im Großen beeinflussen das Dasein im Kleinen. Das kann keinen Maler, Zeichner, Architekten, Designer kaltlassen.
In der Pinakothek der Moderne haben Architekturmuseum, Design Museum, Sammlung Moderne Kunst und Staatliche Graphische Sammlung vor 20 Jahren eine gemeinsame Heimat gefunden. Bei der gestrigen Jahrespressekonferenz wurde einmal mehr deutlich, warum dieses Zusammenspiel so befruchtend ist. Ein Haus – darin hunderte künstlerische Perspektiven auf das, was uns umgibt, frustriert, bewegt. Und immer wieder neue Ausdrucksmittel, von der Zeichnung bis zur Videoinstallation.
Zum Geburtstag blickt beispielsweise das Design Museum zurück und präsentiert vom 14. Juli an aus jedem der vergangenen 20 Jahre ein Objekt, das typisch ist für die Entwicklungen zu dieser Zeit. Da werden technische Errungenschaften wie der 3D-Drucker und Virtual Reality sichtbar. Aber weil Design immer auch ein Ausblick und Treiber in Richtung Zukunft ist, sind es 21 Objekte. Welches für 2022 steht, entdeckt, wer die Schau im Sommer besucht.
Spannend auch, wie sich Architektur- und Design Museum je auf eigene Weise mit dem Jahrestag der Olympischen Spiele 1972 in München auseinandersetzen. Es soll ja Leute geben, die das Mega-Sportevent schon immer konsequent boykottiert haben. Allerdings nicht aus politischer Überzeugung, sondern aus purem Desinteresse. Ihnen und allen Sportfans seien zwei Ausstellungen ans Herz gelegt: In „Die Olympiastadt München“ beschäftigt sich das Architekturmuseum ab 7. Juli mit der Zeltkonstruktion im Olympiapark. Und macht deutlich, inwiefern dieses kühne architektonische Gebilde Sinnbild ist für den rapiden Stadtumbau der Sechzigerjahre. Hier vollzog sich der radikale Wandel Münchens „vom Millionendorf zur Weltstadt mit Herz“, so der O-Ton von Ex-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (1926-2020).
Parallel hinterfragt die Abteilung Design ab 8. Juli, wie der Wille zum Sieg zu beeindruckender innovativer Konstruktionskunst beflügelt. Bewusst möchte man hier auch besonderes Augenmerk auf die Paralympics legen. Und auf die Frage, wie durch perfekte Inszenierung – etwa durch Grafikdesign – der eigentliche Gedanke des Unpolitischen ins Gegenteil verkehrt wird, die Spiele zu politischen Zwecken missbraucht werden.
Und dann sind da noch die geplante Schmuck-Ausstellung, Max Beckmann, eine Ode an das technische Wunderwerk Fahrrad und so viel mehr. Das Geburtstagskind Pinakothek der Moderne lädt ganzjährig zur großen Sause – und jeder, der sich selbst ein Geschenk machen möchte, sollte so oft wie möglich kommen. Jahr für Jahr für Jahr.