Es gibt Menschen, die mit Langeweile gar nicht gut umgehen können. Saul Hudson, besser bekannt als Slash, ist so ein Mensch. Die Pandemie hat auch Gitarrenlegenden wie ihm zwischenzeitlich den Stecker für die große Bühne gezogen, die Guns N’ Roses-Tour musste unterbrochen werden. Da bleibt Zeit für Dummheiten. In der Vergangenheit sei es immer abwärts mit ihm gegangen, wenn nichts los war, sagte er jüngst dem „Playboy“-Magazin (wir berichteten). Um nicht wie früher erneut im Drogensumpf zu versinken, hat sich der 56-jährige Slash diesmal selbst eine Beschäftigungstherapie verschrieben: Gitarren-Licks gegen die Langeweile. Herausgekommen ist ein neues Album, bereits das vierte gemeinsam mit Sänger Myles Kennedy und den Conspirators.
Weil vor lauter Songschreiben offensichtlich keine Zeit mehr für einen kreativen Titel war, heißt die Platte schlicht und einfach „4“. Sie liefert genau das, was man von dem Mann mit dem Lockenkopf unter dem obligatorischen Zylinder erwartet. Ein schnörkellos gutes Rock’n’Roll-Album mit lässigen Gitarrensoli und dem unverkennbaren kalifornischen Blues-Groove, den Slash seit Jahrzehnten scheinbar mühelos aus dem Zylinder zaubert. Größere Überraschungen bleiben allerdings genauso aus wie der eine Hit, der sich sofort im Gedächtnis festbeißt. Slash-Fans bekommen dafür genau das, was sie sich von ihrem Idol wünschen.
Die Zusammenarbeit mit Ausnahmesänger Kennedy und den Conspirators ist für Slash längst mehr als ein Nebenprojekt. „Es ist ein wichtiges Ventil für mich“, sagte er unlängst in einem Interview. Die Inspiration scheint nicht nachzulassen beim Altmeister. Und auch wenn er sich mit seinem ewigen Widersacher, Sänger Axl Rose, bei Guns N’ Roses offenbar ausgesöhnt hat: Zusammengesetzt, um neues Material zu schreiben, haben sich die Gunners noch nicht, wie Slash verriet. „Aber ich habe schon einige Ideen, die ich für Guns N’ Roses reserviert habe.“
Bis seine Fans Slash mit Myles Kennedy in Europa live sehen können, wird es allerdings auch noch etwas dauern. Denn nach der jetzt startenden USA-Tour sollen erst mal die pandemiebedingt verschobenen Konzerte der Gunners in Europa nachgeholt werden – geplanter Zwischenstopp unter anderem am 8. Juli im Münchner Olympiastadion.
Im nächsten Jahr will Slash dann ohne Axl Rose in Europa auftauchen und sein Album präsentieren. Damit bloß keine Langeweile aufkommt.
Slash/ Myles and the Conspirators:
„4“ (Warner Music).