Gaudi oder Schmarrn?

von Redaktion

Zum heutigen Tag der Muttersprache: „Die Schlümpfe“ sprechen jetzt Bairisch

VON ULI HEICHELE

Jetzt gibt’s was auf die Mütze – oder aufs Kappal, besser gesagt. Weil: Heute ist Tag der Muttersprache. Für uns (oder jedenfalls für viele von uns) ist das Bairisch. Und da passt’s gut, dass grad ein Buch auf den Markt gekommen ist, das auf besondere Weise mit dem Dialekt umgeht. Ein Comic nämlich: die Schlümpfe auf Bairisch. Oder hochoffiziell, wie’s dasteht: „De Schlimpf af Bairisch“. Wir haben den Band gelesen und wollten die Frage klären: Ist das eine große Gaudi oder ein gscheiter Schmarrn? Auf geht’s:

Die Gschicht

Die Schlümpfe kriegen sich in die (nicht vorhandenen) Haare. Im Dorf bricht ein Riesen-Streit aus. Ein Schlaubi tät sagen, dabei geht’s um Sprache und Identität. Die Schlümpfe wollen nämlich das Märchen vom Rotkäppchen auf die Bühne bringen – und sind sich nicht einig , ob das jetzt „Schlumpfkappal“ oder „Roudschlumpf“ heißt. Ähnlich umkämpft ist das Wort „Schlumpfzoiga“ beziehungsweise „Korkenschlumpfa“. Sie haben grad das Gefühl, das alles ist ein bissl überdreht? Mit diesem Gefühl sind Sie nicht allein… Die Geschichte wirkt tatsächlich arg konstruiert, verkopft. Dass das auch viel leichter und lustiger geht, zeigen zum Beispiel die Comic-Kollegen von „Asterix“, Stichwort Destructivus. Was jetzt aber die Schlümpfe angeht: Nachdem der Streit ausgebrochen ist, wird’s lustiger und selbstverständlicher. Papa Schlumpf muss sogar auf die Hilfe des bösen Zauberers Gargamel zurückgreifen, den er natürlich überlistet.

Schlumpf-Wertung der Geschichte: eher Schmarrn als Spaß.

Die Sprache

Hmmm… Bairisch schreiben geht eigentlich nicht. Wir machen es zwar immer wieder mal, aber klar ist: Das ist ein bissl verquer, weil Bairisch ja grad keine Schriftsprache ist, sondern das Aussprechen braucht. Deswegen schon mal vorweg ein Mut-Bonus für die „Schlümpfe“-Übersetzer Alexander List, Sabrina Stangl und Sascha Ehlert. Die drei lassen die Schlümpfe kein Münchner Salon-Bairisch reden, sondern sind weiter im Norden beziehungsweise Osten daheim. Das merkt man zum Beispiel, wenn Poeti in Richtung Papa Schlumpf grantelt: „Na, Oida! Des moche af koan Foi!“ Insgesamt ist das alles schwer zu lesen, macht aber Spaß. Und vor allem: Diskutieren kann man drüber. Etwa schon über die Frage, ob die Schlümpfe auf Bairisch wirklich „Schlimpf“ heißen (bei uns im Sandkasten war das nicht so). Man stolpert aber im Lauf des Buchs auch immer wieder über Stellen, die zwar gern Bairisch wären, aber keines sind. Zum Beispiel, wenn’s heißt: „Gargamel, da hindafotzige Zaubara, dea gschwoan hod, de Schlimpf zu vonichtn, irrt durchn Woid“. So tät kein Bayer reden – höchstens einer, der das Schreiben gewöhnt ist und eben das Hochdeutsche zurückübersetzt.

Auf der anderen Seite: Schöne Stellen gibt’s auch auf den 48 Seiten. Vor allem feine Kleinigkeiten wie die Entdeckung, dass Papa Schlumpf zum Schlumpf Bab wird. Das ist echt und ursprünglich, da kann man an die Holledau und die Familie denken.

Schlumpf-Wertung in Sachen Sprache: mittendrin zwischen Spaß und Schmarrn.

Die Zeichnungen

Künstlerisch ist das alles fein. Wer die Schlümpfe grundsätzlich mag, dem wird auch dieser Band gefallen. Der Comic ist klar, engagiert und mit Witz gezeichnet. Das ist allerdings insofern kein Wunder, als die Geschichte in Wirklichkeit nicht neu ist. Unter dem Namen „Rotschlümpfchen und Schlumpfkäppchen“ gab’s bereits früher eine hochdeutsche Variante. Und in der Ur-Ur-Version aus den Siebzigerjahren geht’s um den Sprachen-Wirrwarr in Belgien, wo Schlumpf-Erfinder Peyo (1928-1992, bürgerlich: Pierre Culliford) herkam. So erklärt sich dann auch, warum das bairische Endergebnis heute manchmal ein bissl bemüht wirkt.

Schlumpf-Wertung zur künstlerischen Umsetzung: eher Spaß als Schmarrn.

Peyo / Delporte:

„De Schlimpf af Bairisch: Da Roudschlumpf und’s Schlumpfkappal“. Übersetzt von Alexander List, Sabrina Stangl und Sascha Ehlert. Splitter Verlag, Bielefeld,

48 Seiten; 13,95 Euro.

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