Ganz klar, jede Künstlerin, jeder Künstler ist froh über Publikum, aber wenn Martina Schwarzmann „Danke, dass Ihr da seid’s!“ sagt, dann spürt man, dass das aus tiefstem Herzen kommt. Corona und, ja, auch der Krieg – vergessen für einen (Premieren-)Abend im Münchner Lustspielhaus, in dem sich für ein paar Stunden alles anfühlt wie vor der Krise. Das muss an der durch und durch positiven Ausstrahlung der Kabarettistin liegen, die ihr neues Programm nicht zufällig „Ganz einfach“ überschrieben hat.
Dass die Zeit ohne Auftritte sicher nicht „ganz einfach“ war, klingt nur hier und da an – wobei die seit diesem Samstag 43-Jährige (Glückwunsch!) auch ohne Bühne mit beiden Beinen auf der Erde steht, mit vier Kindern, Mann und Landwirtschaft. Das ist die Erde, aus der die Ideen sprießen für Lieder und Texte voller Witz, Wärme und auch ein bisschen Wahnsinn.
Schwarzmann ist aus dem Jugendlich-Anarchischen auch als „Muttertier“ nicht herausgewachsen, an jeder Ecke lauert auf Freund und Feind eine Überraschung, die manchmal auch eine böse sein kann. Bockigkeit im Homeschooling und sonstige Probleme, die ihre „minderjährigen Mitbewohner“ machen – da setzt es schon mal ein kerniges „Woan doch!“, oder die Mama lässt anschreien, mittels eigens hierfür produzierter CD.
Die Kabarettistin kontert Stirnrunzeln über ihre schrecklich chaotische Familie mit einem selbstbewussten „Des san mia!“ Aber auch außerhalb des eigenen Kosmos bürstet sie die Dinge konsequent gegen den Strich, protestiert einerseits gegen „Dialektpolizei“ und überhaupt den „Heimatscheiß“, derbleckt andererseits Touristen, die Kartoffeln mit Tomaten verwechseln. In der Ruhe, in der Kontemplation liegt die Kraft, sie gebiert wunderbare Schnurren beispielsweise über allerlei Insekten. Dann sinniert Schwarzmann über eine „Kugelbahn für Kellerasseln“ und packt Spinnen zur Freude aller Arachnophobiker in unverdächtige Streichholzschachteln.
Der scharfe und doch liebevolle Blick auf die Dinge korrespondiert mit dem feinen Ohr für sprachliche Nuancen, da werden Redensarten, Versprecher und Verballhornungen („Fäkalienmarkt“, „Umgebungsstraße“) präsentiert, ohne deren Urheber gleich der Vernichtung auszuliefern. Verletzungen durch das Leben, die Schattenseiten des Älterwerdens – sie blitzen nur ab und zu durch in diesem Solo mit Gitarrenspiel und Gesang. Was soll man – beziehungsweise frau – auch machen, wenn einem notorisch „die Sonne aus dem Arsch scheint“?
Schwarzmann, das muss hier gesagt werden, kann aber nicht nur derb, sondern auch poetisch – das sind die Lieder, aus denen die pure Freude darüber spricht, „dass bisher alles so guat ganga is“, in denen von den Wurzeln die Rede ist, die sie festhalten in allen Stürmen: „I bleib einfach steh’!“ Mutmachende Zeilen auf der Kabarettbühne – das gibt’s nicht alle Tage. „Danke, dass Ihr da wart’s!“, heißt’s zum Abschied. Gern geschehen! Sehr gern!
Weitere Termine:
Am 5. April (20 Uhr) im Lustspielhaus und am 6. Mai (20 Uhr) im Circus Krone.
Mit beiden Beinen auf der Erde
Schwarzmann kann auch poetisch