Wagner, Tanz und Techno

von Redaktion

SALZBURGER OSTERFESTSPIELE Dirigent Andris Nelsons und das Gewandhausorchester Leipzig gestalten das Jahr 2023

VON TOBIAS HELL

Untertrieben hat Nikolaus Bachler definitiv nicht, als er bei seiner Berufung zu den Salzburger Osterfestspielen eine Neuausrichtung und Öffnung hin zu anderen Sparten ankündigte. Das zeigt sich schon beim ersten Durchblättern des druckfrisch vorliegenden Programms für 2023, wo erstmals in der Geschichte des Festivals eine Tanzproduktion auf dem Plan steht. Die Company des israelischen Choreografen Emanuel Gat bleibt allerdings dem Gründungsgedanken Herbert von Karajans treu, der hier vor allem dem Werk Richard Wagners huldigen wollte.

Und so setzt sich Gat bei seiner Kreation in der Felsenreitschule mit den „Wesendonck-Liedern“ auseinander. Nicht ganz so neu ist dagegen die „Tannhäuser“-Inszenierung von Romeo Castellucci, der das Konzept seiner Münchner Produktion weiterentwickeln will. Wobei Bachler beim gestrigen Pressegespräch einräumte, dass diese Kompromisslösung auch den pandemiebedingten finanziellen Ausfällen der Vorjahre geschuldet sei und „kein Modell für die Zukunft der Osterfestspiele“ darstelle. Immerhin präsentiere man damit aber die einzige der zehn großen Wagner-Opern, die Karajan nicht mehr selbst an der Salzach realisieren konnte. Hauptattraktion dieser „Premiere“ dürfte sowieso die angekündigte Sängerriege sein, denn neben Jonas Kaufmann, der sich zum ersten Mal der Herausforderung der Titelpartie stellen will, verspricht der Besetzungszettel noch die Rollendebüts von Elina Garanča und Marlis Petersen als Venus und Elisabeth. Andris Nelsons leitet hier das Gewandhausorchester Leipzig, das als erster von nunmehr jährlich wechselnden Spitzenklangkörpern Bachlers erste Osterfestspiele bestreitet. Wobei eine spätere Rückkehr von beiden Seiten nicht ausgeschlossen wird.

Neben der Oper des in Leipzig geborenen Komponisten sind auch die übrigen Werke des Konzertkalenders eng mit dem Gewandhaus verknüpft. Mit einem Bogen von Bach und Mendelssohn bis hin zu Sofia Gubaidulina sowie mit einem „Deutschen Requiem“ unter Beteiligung des BR-Chores.

Größter Einschnitt dürfte aber der Start einer Reihe mit elektronischer Musik werden, zu deren Auftakt DJ WestBam mit Musikerinnen und Musikern des Gewandhausorchesters arbeitet. Allerdings will Bachler den Festspielbezirk nicht zur Techno-Partymeile erklären, sondern stellt eine ernsthafte Auseinandersetzung des renommierten Elektro-Künstlers mit der Musik Wagners in Aussicht.

Ändern wird sich ebenfalls die Preisgestaltung – nicht nur für die allerorts beschworene „Verjüngung des Publikums“, sondern um „das Festival wirklich allen Interessierten zugänglich zu machen“. Für Normalverdiener dürfte aber wohl auch das neue 3er-Abo zum ermäßigten Sonderpreis von 357 Euro beziehungsweise 192 Euro (plus Anreise und Übernachtung) immer noch etwas Besonderes bleiben.

Artikel 4 von 6