Eine Art Lebenswerk sei das für ihn, meint der Organist Peter Kofler: alle Orgelwerke von Johann Sebastian Bach einspielen! Über die Hälfte davon hat er schon geschafft. Vor Kurzem ist die zweite CD- Box mit den Scheiben sechs bis zehn erschienen. Das Besondere wie schon bei der ersten Sammlung: Es braucht keinen Vorlauf, keine Vorkenntnisse, nicht mal eine besonders starke Affinität zur Orgel, um sich die Musik sofort zu erschließen. Platt gesagt: Man kommt „sofort runter“. Taucht in den Klang ein, erspürt die Energie und Kraft dieser Kompositionen. Es ist ein Ankommen – bei sich und der Musik.
Was esoterisch klingen mag, liegt vor allem an der Dramaturgie der CDs. Kofler hat sich den Anspruch gesetzt, jede Platte als Konzertprogramm zu konzipieren. Präludien, Fugen, Toccaten bilden den Rahmen um einerseits kürzere Werke wie das Trio c-Moll BWV 585, das Concerto C-Dur BWV 595 oder die Triosonate d-Moll BWV 527. Andererseits gruppieren sie sich auch um umfangreiche Sammlungen wie dem „Orgelbüchlein“, dessen einzelne Bestandteile auf mehreren CDs vorkommen.
Gerade in solch eher frühen Kompositionen fiel Kofler immer wieder auf, wie viel der Bach’schen Meisterschaft dort schon angelegt ist. „Da wird der Respekt tatsächlich immer noch größer, auch weil Bach von Anfang an einen eigenen, einzigartigen Stil hat“, stellt er begeistert fest. Es ist die durchdachte Programmatik, die bewusste Abfolge der Tonarten, Harmonien und klanglichen Charakteristiken der Stücke, die jede CD so eingängig machen. Tatsächlich spielt Kofler mit dem Gedanken, die Programme auch in Konzerten genauso aufzuführen. Es würde sich lohnen!
Drei Monate Üben steht vor jeder Box an. Aber die eigentliche klangliche Arbeit an der Rieger-Orgel in der Münchner Jesuitenkirche St. Michael findet während der Aufnahmen statt. Aufgrund der Gottesdienst- und Besuchszeiten kann diese nur abends und nachts geschehen. „Ich verwende viel Zeit auf die Registrierung und wiederhole mich nie“, sagt Kofler. „Natürlich kenne ich dieses Instrument als Organist der Michaelskirche sehr gut und weiß Kombinationen, die auf jeden Fall funktionieren. Aber es braucht doch jedes Stück eine eigene Klangwelt.“
Diese ertüftelt er sich mit Kopfhörern. Denn es gehört noch eine weitere Abstraktionsebene dazu: Wie klingt es für den CD-Hörer? Wie direkt sollte der Klang sein, wie basslastig? Da gelten gänzlich andere Parameter als für Besucher eines Orgelkonzerts.
Im Zentrum zweier CDs stehen die großen und kleinen Choralbearbeitungen aus „Dritter Theil der Clavier-Übung“. Ein Zentralwerk in Bachs Orgelschaffen, von Albert Schweitzer einst als „Orgelmesse“ bezeichnet. Daneben warten aber auch Entdeckungen wie die „Neumeister“- oder die „Kirnberger-Choräle“. Dies seien „echte Kleinode, die leider viel zu selten gespielt werden“, meint Kofler. Eine Box mit sechs CDs wartet noch auf ihn, dann ist das Projekt „Opus Bach“ abgeschlossen.
Anfang 40 ist der gebürtige Bozener. Also eigentlich noch reichlich jung für ein abgeschlossenes Lebenswerk, oder? „Na ja, es hört ja nie auf, es ist nie fertig. Am Ende sind auch solche CD-Einspielungen Momentaufnahmen. Die Auseinandersetzung mit diesen Meisterwerken erstreckt sich über das ganze Leben.“ Nicht nur für den Künstler, sondern auch für das Publikum. Und dafür ist diese CD-Box wieder ein wichtiger Baustein.
„Opus Bach. Vol. 2“,
Peter Kofler (Farao).