Wo Bruckners achte Symphonie auftaucht, sind Superlative meist nicht fern. Das liegt einerseits an der Anlage des Stücks, das durch raumgreifende Klangkathedralen, verpackt in vier scheinbar endlos aufbauenden Einzelsätzen, zu einer knapp neunzigminütigen Reise einlädt. Andererseits liegt es an der Tatsache, dass nur wenige Aufführungen gelingen, ob der immensen Konzentration und Spannung, der schier unmöglichen Balance zwischen Klangfarbe und Tempo, Ratio und Emotion, die es bedarf, hier nicht in den Weiten der Partitur unterzugehen.
Dieser Abend in der Isarphilharmonie war die selten zu hörende Ausnahme. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie des Schicksals, dass in Manfred Honeck so ziemlich das genaue Gegenteil von Valery Gergiev, der ursprünglich hätte dirigieren sollen, am Pult der Münchner Philharmoniker stand. Der gebürtige Österreicher, seit vielen Jahren in Pittsburgh Chef, strahlt eine entwaffnende Ruhe und Ordnung aus, lotet mit kristallklarer Zeichensprache Details aus, die man in dem symphonischen Ungetüm nie zu hören glaubte. Er vermag den Ballungen jene behutsame Kraft zu geben, damit sie sich auch genau richtig und eben nicht, wie oft gehört, zu früh zur strahlenden Umarmung entfalten.
Wärmendes Amalgam im Holz, blitzartig attackierendes Blech, Katapulte aus der Pauke, Streichertremoli, zum Anfassen greifbar, was so im alten Gasteig ohnehin nie denkbar gewesen wäre. Spielte sich hier ein Orchester frei? Das wäre vielleicht zu pathetisch, mit dem Trotz, im Nachhinein alles besser zu wissen – es gab auch genug herausragende (Bruckner-) Aufführungen unter Gergiev. Aber etwas Wundersames, nicht Sagbares lag an diesem Abend in der Luft, ein Sog, der das Publikum schluckte und zum Ende mit lautstarkem Beifall wieder ausspülte. JOHANN JAHN