Eine Restangst bleibt ja immer: Ob ein singendes Gesamtkunstwerk wie Asmik Grigorian auch auf CD bestehen kann? Ohne ihre Bühnenpräsenz, ihr überwältigendes Spiel? Die CD „Dissonance“ gibt als Antwort darauf ein klares Ja. Mit Lukas Geniušas am Klavier, Zweiter beim Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb von 2015, taucht sie tief ein in die Romanzen von Sergei Rachmaninow. Das Repertoire ist goldrichtig gewählt: Die Texte von Alexander Puschkin, Victor Hugo oder Alfred de Musset in einer derart emphatischen Vertonung sind das perfekte Lied-Futter für die litauische Sopranistin. Weniger um sublimierte Gefühle à la Schubert und Schumann geht es hier, sondern um eine direkte, manchmal auch ungefilterte Emotionalität. Was nicht heißt, dass Grigorian den Effekt sucht. Aber wie sie diese Mini-Dramen förmlich mit einem Kernkraftwerk verstöpselt, ist ein ganz großes Hör-Abenteuer. th