„Mit Schumann sind wir zum ersten Mal dem Franzl fremdgegangen. Mit Beethoven jetzt noch mal“, sagt Perkussionist Thomas Toppler schmunzelnd. Und schon in dieser Bezeichnung „Franzl“ steckt die liebevolle Vertrautheit, die respektvolle Nähe, die alle vier Erlkings mit Franz Schubert verbindet.
Der Sänger und Gitarrist der Band, Bryan Benner, hatte 2013 die Idee, Lieder von Schubert neu zu interpretieren. In Singer-Songwriter-Manier, mit einer von ihm angefertigten englischen Übersetzung und in Arrangements, die die Erlkings anhand der originalen Klavierpartitur erarbeiten. So kann beispielsweise die berühmte „Forelle“ leicht zum Reggae mit abschließendem Jodler werden. Oder „Mein!“ zum rasanten, vor Freude nur so explodierenden Jubelgesang.
Benner, Toppler und ihre Kollegen Ivan Turkalj (Cello) und Simon Teurezbacher (Tuba) zeigen seit einigen Jahren eindrucksvoll und höchst erfolgreich, wie lebendig das Kunstlied sein kann. In einer unmittelbar ansprechenden Interpretation, die das Niveau des Originals immer im Blick hat und ihm gerecht werden will. Die in Wien lebenden Musiker holen die Lieder raus aus der Ecke der angestaubten Bildungsbürgerlichkeit, runter vom Podest der pseudointellektuellen Überhöhung und präsentieren sie als Unterhaltung im besten Sinne. Denn anregende Unterhaltung sollten sie ursprünglich ja sein.
Zwei Schubert-Alben, darunter „Die schöne Müllerin“, haben die Erlkings bereits vorgelegt, sowie die „Dichterliebe“ und den „Liederkreis op. 39“ von Schumann. Jetzt kommen die neuen Arbeiten heraus. „Schubert Vol. 3“, das zum Beispiel „Gretchen am Spinnrade“ oder „Der Zwerg“ enthält, und „The Erlkings: Beethoven“, die im Auftrag des Bayerischen Rundfunks entstanden ist.
Für die Arrangements bietet der revolutionäre Feuerkopf Beethoven neue Herausforderungen. „Als Cellist sind mir natürlich seine kammermusikalischen und symphonischen Werke vertraut“, meint Ivan Turkalj. „Die abrupten Wechsel der Stimmungen, die Überraschungsmomente gibt es auch in den Liedern. Wie man diese Wirkungen mit einem Orchester oder einem Streichquartett erzielt, ist klar. Aber dies auf unseren Stil und klanglichen Eigenarten zu übertragen, war ein echter Prozess.“
Auch dass sich Beethoven in einer Findungsphase des Lieds befunden hat, dieses Genre also noch nicht die klare Struktur hatte wie bei Schubert, merken die vier deutlich. Es brauchte eine Zeit, um sich in Werke wie „Adelaide“ oder „An die ferne Geliebte“ hineinzufinden. Bryan Benner drückt es so aus: „Bei Schubert habe ich die gemeinsame Arbeit mit der Band am Arrangement immer als Dialog mit dem Komponisten empfunden. Er lässt viel zu. Bei Beethoven hingegen haben wir festgestellt: Es gibt nur die eine Lösung! Und die ist das, was er geschrieben hat.“ Ein Produkt noch viel näher am Original also.
Lag es auch an Beethovens Kompositionsstil, dass erstmals ein fünfter Musiker zu den Erlkings dazustieß, nämlich Marcello Simgliante Gentile mit seiner Mandoline? „Es lag ganz einfach daran, dass ich mich in einen einzigen Ton seines Instruments verliebt habe“, meint Ivan Turkalj lächelnd. Neben dieser so sympathisch persönlichen Begründung gibt es aber auch eine musikalische, wie Bryan Benner hinzufügt: Da Beethoven noch in der Klassik verwurzelt war, sei eine höhere Virtuosität in der rechten Hand des Klavierparts festzustellen als bei Schubert. „Und so gesehen ist es ein großer Luxus, dass wir ein zusätzliches Sopran-Instrument dabeihaben, das diese Passagen übernehmen kann.“
Das Finden neuer Facetten ist etwas, was die Erlkings beständig antreibt. Und wofür sie vom Publikum auch so geschätzt werden. Die Nähe und der Austausch ist den Musikern dabei besonders wichtig. Fast alle Alben sind als Crowdfunding-Projekte entstanden. Die Fans sind somit finanziell an der Entstehung beteiligt, die Band bleibt unabhängig. Einige neue Aufträge von Festivals und Institutionen sind auch schon da. Joseph Haydn winkt zum Beispiel am Horizont. Und bei rund 600 Schubert-Liedern gibt es ja noch viele Schätze zu heben. „Als Ensemble haben wir durch Beethoven wahnsinnig viel dazugelernt“, betont Tubist Simon Teurezbacher. „Dagegen ging es beim Schubert-Album Nummer 3 ziemlich schnell“. Mit ihm leben sie halt schon länger zusammen, mit dem „Franzl“.
The Erlkings:
„Beethoven“ und „Schubert Vol. 3“ (VerdeFish Records); einige Titel der Alben werden heute, 20.05 Uhr, live aus dem BR-Studio 2 auf BR Klassik vorgestellt.