Glück gehabt: Das zu sagen, ziemt sich nicht ganz angesichts der Pandemie-Jahre. Aber das Münchner Gärtnerplatztheater ist zumindest glimpflich davongekommen. Nur zwei Vorstellungen mussten wegen Corona gekippt werden – auch wenn es da ein ständiges Hin und Her mit Umbesetzungen gab plus Sängerinnen und Sänger, die durch die Erkrankungen „an ihre Grenzen gebracht wurden“, wie Intendant Josef E. Köpplinger berichtet. Außerdem sei die Anzahl der Abonnements „so gut wie nicht gesunken“. Und bei der Platzausnutzung liege man derzeit bei knapp 80 Prozent – im Unterschied zu 96 Prozent vor Corona, „Tendenz steigend“.
„Diese Ohnmacht, nichts tun zu können, möchte ich nicht wieder erleben“, bekannte Köpplinger gestern auf der Spielplan-Pressekonferenz. Um gleichzeitig zu betonen, dass man wirklich vor einer normalen nächsten Saison stehe. 33 Produktionen in rund 300 Vorstellungen – ein solches Repertoire-Theater sei so gut wie einmalig, wie sich der Intendant auf die Schulter klopfte. Eine einzige Premiere musste aus Corona-Gründen umdisponiert werden, die erste ist nun, eine durchaus ambitionierte Wahl, Strawinskys „The Rake’s Progress“.
Die kommende Spielzeit wird damit zum heißen Ritt durch Epochen und Genres. Neben der großen Oper – Verdis „Luisa Miller“ und Massenets „Werther“ – findet sich zum Beispiel endlich einmal wieder ein Werk der französischen Operette. Offenbachs „Die Großherzogin von Gerolstein“ hat Köpplinger schon für die Dresdner Semperoper inszeniert. In der Münchner Version singt ein Mann die Titelpartie, es ist Tenor Juan Carlos Falcón. Überdies gibt es neue Zusatztexte, die Kabarettist Thomas Pigor geschrieben hat. Dass es sich hierbei um eine „absurde Farce gegen den Krieg“ handle, mache die Neuproduktion nur umso aktueller, wie Köpplinger meinte. Unterm Strich offeriert das Haus in der kommenden Spielzeit zehn Neuproduktionen inklusive vier Uraufführungen. „Kunst muss können“ ist gerade vor dem Hintergrund der vergangenen beiden Jahre so etwas wie das logische Motto der Saison 2022/2023.
Es ist zugleich die letzte mit Chefdirigent Anthony Bramall. Bekanntlich hat der Brite seinen Vertrag nicht verlängert, für ihn kommt in der darauffolgenden Saison der gebürtige Argentinier Rubén Dubrovsky. Wie dieser mit seinem künftigen Ensemble zurechtkommt, kann gleich an zwei Premieren, „The Rake’s Progress“ und „Figaros Hochzeit“ von Mozart, überprüft werden.
Im normalen Repertoire gibt es unter anderem ein Wiedersehen und -hören mit „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“, „Drei Männer im Schnee“, dem Longseller „Im Weißen Rössl“, Loriots Evergreen-Inszenierung von Flotows „Martha“, aber auch mit „Tosca“, „Rigoletto“ oder Hoffmanns Erzählungen“.
Traditionell emanzipiert sich das Orchester des Hauses in eigenen Veranstaltungsformen. Chefdirigent Anthony Bramall setzt zum Beispiel die Reihe „Sinfonische Lyrik“ mit „Die Seejungfrau“ von Alexander Zemlinsky fort. Und das Neujahrskonzert steht dieses Mal unter dem Motto „Raumschiff Gärtnerprise“. Bramall wies in der Pressekonferenz darauf hin, dass schließlich Ministerpräsident Markus Söder eine Star-Trek-Tasse auf dem Schreibtisch habe. Vielleicht, das dürfte die unausgesprochene Hoffnung sein, bequemt sich der oberste Dienstherr deshalb auch einmal in Münchens Volksoper.
Informationen
zum Spielplan und zum Vorverkauf unter
gaertnerplatztheater.de.