Um es mal mit dem unsterblichen Hans Albers (1891- 1960) zu sagen: „Man kann so süß im Hafen schlafen. Doch heißt es bald auf Wiederseh’n. Das ist die Liebe der Matrosen. Von dem kleinsten und gemeinsten Mann bis rauf zum Kapitän.“ In der Hafenbar aus den Zwanzigern, die gerade auf der GOP-Bühne in München eingezogen ist, trifft man sie alle: die rauen Seebären, die schüchternen Leichtmatrosen, den volltätowierten Kapitän – alle wollen es in ihrer letzten Nacht an Land noch einmal krachen lassen, bevor der Anker gelichtet wird. Dazu die leichten Mädchen, die den Traum von ein wenig Liebe wahr werden lassen, und ein Barmann, der lieber ein großer Poet wäre. Und in diesem nostalgischen Sammelbecken aus schrägen Typen lässt „Sailors“ die Zuschauer einen Abend voller Träume, Sehnsüchte, Witz und Akrobatik erleben.
Geboren wurde die Idee zu dieser Konzept-Show übrigens in München: Die Kanadier Gabriel „Gab“ Drouin, Meister am Cyr Wheel, und Francis Gadbois, Jongleur, sind seit ihrer Zeit auf der Artistenschule in Quebec die besten Freunde. Immer wollten sie mal gemeinsam auftreten – es klappte nur nie. Drouin, der sich in München verliebte, heiratete und seit 2014 auch wohnt, erhielt von seinem Freund eines Tages Besuch. Man ging ins „Nage und Sauge“, trank ein Bierchen, spann den Traum vom gemeinsamen Auftritt neu, und irgendwann war da die Idee zu „Sailors“ – angeblich schrieb man sie auf einer Serviette nieder.
Das GOP war äußerst angetan. Der Rest ist Geschichte. Fast jedenfalls: Zusätzlich zu weiteren sieben Artistenfreunden aus Kanada und Australien holten sich Gab und Francis, die auch Regie führten, den Bremer Künstler Nagelritz ins Boot – er erzählt die Geschichte, ist selbst Teil davon und musiziert dazu auf seinem Schifferklavier, um in der Bildsprache zu bleiben. Er ist es auch, der die Geschichte mit norddeutschem Zungenschlag und Witz zusammenhält. Da wird Ahoi-Brause ins Publikum geworfen, nach der nächsten Seemannsbraut Ausschau gehalten, werden sehnsüchtige Lieder vorgetragen oder die Genese des Rettungsrings erzählt – nicht ganz ernst gemeint. Denn wussten Sie, dass die Abkürzung „ISDN“ zuerst auf solch einem Reifen stand? „Innen sicher, draußen nicht.“ Da tobt der Saal.
Dazwischen gibt’s auf kleiner Bühne große Nummern: Es wird an der Stange unglaubliche Muskelkraft und Körperbeherrschung zelebriert, sich gebogen und Schweres gehoben. Das Publikum staunt über Salto und Flickflack, geschickte Jonglagen, Kopfstände auf einem Fahrrad und fiebert beim jungen Seiltänzer auch beim dritten Versuch aktiv mit. Kurzweilig und temporeich ist das alles erzählt, immer passiert in diesen liebevoll gestalteten Kulissen irgendwas, oft sogar parallel. Untermalt wird das Ganze mit rhythmusbetonter, eingängiger Musik und einem fantasievollen Lichtdesign – übrigens mitentwickelt von Gab: Da spritzt die Gischt, im Hafen tuckern Boote und sogar Möwen fliegen durch das GOP.
Am Ende hat man sie alle ins Herz geschlossen – die liebenswerten Gestalten aus der Hafenbar. Und Hochachtung vor der Leistung dieser jungen Akrobaten. Der tosende Applaus am Ende ist wahrlich verdient. Ahoi!
Weitere Vorstellungen
bis 3. Juli; weitere Informationen und Karten unter www.variete.de oder Telefon 089/210 288 444.
Die Idee zu „Sailors“ wurde in München geboren
Die Show ist mit Tempo erzählt – in herrlichen Kulissen