Alte Rittersleut’

von Redaktion

Das Nationalmuseum zeigt „Turnier. Wettkampf und Spiel“

VON CLAIRE WEISS

Vor 50 Jahren fanden in München die Olympischen Spiele statt. Zu diesem Jubiläum zeigt das Bayerische Nationalmuseum eine Sonderausstellung. Doch da das Thema Sport nicht so ganz im Bereich der Expertise des Hauses liegt, zieht es eine Parallele – und zwar zum Turnier. Denn dieses weist mit diversen Sportarten einige Gemeinsamkeiten auf.

So löste das Turnier bereits im 16. Jahrhundert große Begeisterung in der Bevölkerung aus. Wie das Wimmelbild von Jost Ammann zeigt, zog das Nürnberger Gesellen-Stechen am 3. März 1561 zahlreiche Menschen an: Einige kletterten mit Leitern auf die umliegenden Dächer, um eine bessere Sicht zu erlangen. Andere blickten gespannt aus ihren Fenstern, während es unten im Menschengedränge eine Prügelei gab. Im Zentrum des Geschehens ist ein Lanzenstechen. Dieses bricht allerdings mit der Klischeevorstellung, die wohl in vielen Köpfen herrscht. Das Turnier diente zwar im 11. Jahrhundert dem Training für ernste Konflikte, später rückte allerdings mehr das Spielerische in den Vordergrund. Die hochspezialisierten Waffen eigneten sich kaum mehr für den Krieg. Stattdessen ging es darum, Geschicklichkeit, Kraft und Reichtum zur Schau zu stellen. Denn wer an einem Turnier teilnehmen wollte, der musste sich Pferd und Ausrüstung erst einmal leisten können.

Auch Frauen durften beim Wettkampf höchstens zuschauen. Später änderte sich aber einiges, wie ein Gemälde von 1727 beweist. Anlässlich des Geburtstags seines Bruders hielt Kurfürst Karl Albrecht von Bayern im Nymphenburger Schlosspark ein prächtiges Fest ab. Die vornehmsten Zuschauer speisten auf im Hauptkanal ruhenden Booten und verfolgten von dort das „Tournier“. Am Ufer drehten Damen in Wägen ihre Runden und versuchten, mit Lanzen Holzköpfe und Zielscheiben zu treffen – natürlich saßen sie nicht im Sattel, das wäre unschicklich gewesen. Das sogenannte Carrousel, das Umherfahren der Damen im Kreis, gab dem späteren, auf Jahrmärkten eingesetzten Fahrgeschäft seinen Namen – das Turnier war damit endgültig Spiel geworden.

Und auch heute findet dieses Spiel noch Gefallen. Bei den Kaltenberger Ritterturnieren beispielsweise. Hier wird allerdings alles vorher einstudiert, eine Choreografie schreibt jede einzelne Bewegung der „Ritter“ vor. Eindrucksvoll sind diese Szenen trotzdem, die in der Studioausstellung auf einem Bildschirm gezeigt werden.

In „Turnier. Wettkampf und Spiel“ finden einige Dauerexponate des Bayerischen Nationalmuseums einen neuen Raum. Es kommen aber auch Ausstellungsstücke dazu, die bislang lediglich im Depot schlummerten. So entstand eine kleine, aber trotzdem spannende Sammlung für alle Mittelalter-Interessierten. Am besten nimmt man an einer der Führungen teil, die gibt es auch für Familien mit Kindern.

Bis 6. November,

Di.-Mi. 10-17 Uhr, Do. 10-20 Uhr, Fr.-So. 10-17 Uhr; weitere Informationen – auch zu den Führungen –unter www.bayerisches- nationalmuseum.de.

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