Mein Bruder, die Kampf-maschine

von Redaktion

Keanu Reeves veröffentlicht „BRZRKR“

VON KATRIN BASARAN

Sattroter Saft spritzt, fließt, sickert. Wo BRZRKR auftaucht (sprich Berserker oder einfach B genannt), wird geblutet, geschrien und gestorben. Brutale Gewalt ist sein Schicksal, das von keinem Geringeren als Keanu Reeves entworfen wurde. Hollywoods Actionstar („Speed“, „Matrix“) ist erfolgreich unter die Graphic-Novel-Autoren gegangen, sein Debüt zählt in den USA laut Boom!-Verlag mit mehr als 650 000 Exemplaren zu den bestverkauften Werken des Genres.

Soeben ist es auch auf Deutsch erschienen. Erzählt wird die Geschichte von BRZRKR, ein Halbgott – und Keanu Reeves wie aus dem Gesicht geschnitten. Vor 80 000 Jahren, in der Steinzeit, wurde er als Kampfmaschine zur Verteidigung des heimischen Dorfes gezeugt. Ihn treibt seither ein unstillbarer Durst an nach Tod und Vernichtung des Gegners.

Eingeführt wird die Figur entsprechend spektakulär im Hier und Jetzt während eines US-Spezialeinsatzes: „B“ befreit im Alleingang mal eben einen unterdrückten Staat – oder zumindest einen, den die Vereinigten Staaten als solchen einstufen. Zur Belohnung soll er eines Tages bekommen, wonach er sich sehnt: Sterblichkeit. Während er in fremden Landen also menschliche Fetzen fliegen lässt und auch selber arg einstecken muss, hält er Kontakt zu einer natürlich jungen attraktiven Wissenschaftlerin, die seine Hirnströme überwacht. Er soll sich an seine Vergangenheit erinnern – die dramaturgisch zwar nicht innovative, doch praktische Möglichkeit für reichlich Rückblenden. Unschwer zu erkennen, dass es der Forschung wohl eher darum geht, mithilfe von „B“s Zeugungsgeschichte weitere Superkämpfer zu kreieren. Doch als es endlich spannend wird, ist Band eins beendet.

Für seinen Erstling, unterteilt in vier Kapitel, hat der 57-jährige Reeves ein Quartett erfahrener Unterstützer gefunden: Comic-Autor Matt Kindt („Wolverine“, „Suicide Squad“), die Illustratoren Ron Garney („Spider-Man“) und Bill Crabtree („Invincible“) sowie Texter Clem Robins („Hellboy“, „Batman“). Erwartungsgemäß wirkt BRZRKR optisch ansprechend: Die Figuren sind überwiegend hart und kantig konturiert. Detailreich werden aber Emotionen wie Wut, Angst, Fürsorge herausgearbeitet. Viel transportiert sich auch über Großzeichnungen der Augen. Das Lettering ist knackig und folgt bester Comic-Tradition – ein „BuddaBuddaBudda“ intoniert etwa einen schießenden Panzer, „Kerank“ einen Blitzeinschlag, „Shunk“, wenn sich ein Speer in menschliches Fleisch bohrt. Satte Farben, je nach Grundstimmung, dominieren – Höllenrot und Grellorange etwa während der Kampfszenen, kühles Blau im Labor, erdige Naturtöne, wenn es um die Rückblenden geht.

Man mag sich fragen, was Keanu Reeves, dem Intellekt, Sensibilität und Menschenliebe attestiert werden, dazu trieb, sich diese vorhersehbare, manchmal langatmig anmutende und zugleich martialische Geschichte von BRZRKR auszudenken. Geldprobleme dürften es wohl nicht gewesen sein, die ihn zu diesem Karriereschritt trieben. Das Vermögen des Kanadiers wird auf derzeit 322 Millionen Euro geschätzt. Unterstellen wir ihm also mal jenes aufregende Maß an Spielfreude, das pubertierende Buben entwickeln, wenn sie das erste Mal „Call of Duty“ spielen. Und setzen wir darauf, dass sich die Geschichte um BRZRKR, angelegt auf zwölf Teile, noch entwickelt. Netflix hat bereits angekündigt, sie zu verfilmen.

Keanu Reeves, Matt Kindt, Ron Garney, Bill Crabtree:

„BRZRKR Vol. 1“; Verlag Cross x Cult, Ludwigsburg, 144 Seiten ; 16 Euro.

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