Während der Pandemie haben viele Bands dank der Ignoranz und Kulturferne der politischen Kaste Federn gelassen. Manche mussten sogar aufgeben. Und einigen gelingt es, wie Phoenix aus der Asche aufzusteigen. Die Chiemgauer Django 3000 liefern mit „Ali Babo“ ein neues Album ab, das heute erscheint, an ihre Anfangstage erinnert und freudige Aufbruchstimmung verbreitet (CD-Tipp Seite 15). Aber auch sie hatten zu kämpfen und schrumpften zum Duo mit Gastmusikern. Django 3000 sind nun Sänger und Gitarrist Kamil Müller sowie Violinst Florian Rupert Starflinger. Ein Gespräch mit Letzterem.
Wie habt Ihr die Pandemie überstanden?
Wir haben echt gekämpft. Wir wollten es am Anfang nicht wahrhaben, dass wir nicht spielen dürfen. Das hat uns sehr erschüttert. Wir haben die Zeit trotzdem genutzt und uns vorgenommen, dass eine neue CD rauskommt, wenn es wieder geht. Jetzt versuchen wir, das reinzuholen, was wir zwei Jahre versäumt haben.
Gab es Online-Projekte?
Wir haben halt die Dinge gemacht, die angesagt waren. Zum Beispiel Autokino-Konzerte. Man hat alles versucht. Großes Lob an die Veranstalter, die den Aufwand auf sich genommen haben. Wir haben einige Online-Aktionen gemacht. Und wir sind unseren Fans unheimlich dankbar, die gecheckt haben, dass es brennt. Es gibt ja einige Bands, die aufgegeben haben. Das stand für uns nicht zur Debatte, aber man überlegt schon.
Ihr habt trotzdem Federn gelassen.
Ja. Unser Schlagzeuger hat eine dreiköpfige Familie, der hat sich dann auch fest anstellen lassen, weil es ihm zu unsicher wurde. Das ist sehr verständlich. Auch unsere Managerin hat gesagt, dass es für sie so nicht klappt.
Wie ist eigentlich die starke Bindung zu den Fans entstanden?
Ich glaube, wir haben da einen Riesenvorteil, weil wir es irgendwie geschafft haben, seit elf Jahren, unsere Leute bei Laune zu halten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass auch unsere Fans das Bedürfnis hatten, uns bei Laune zu halten. Als hätten sie gesehen: Ui, das sieht jetzt schlecht bei denen aus, aber wir wollen, dass sie in unserem Leben bleiben.
Das klingt alles sehr vernünftig, Eure Musik ist es eigentlich weniger. Wie passt das zusammen?
Ich glaube, wir sind wirklich mit der Sache gewachsen. Am Anfang war das wie auf einem anderen Planeten. Wir sind da reingeworfen worden. Wir waren mit „Heidi“ von null auf hundert. Das haben wir eine ganze Weile mitgemacht. Man wird aber auch älter, man bekommt Kinder und überlegt: Wie willst du wahrgenommen werden? Als abgedrehter Künstler? Oder möchtest du ein normales Leben führen? Ich glaube, wir haben das ganz gut hinbekommen.
Vor Django wart Ihr eher im Kleinkunst-Bereich unterwegs. Wie kam es zum Wechsel?
Wir waren so Mitte zwanzig. Da ist man auch sehr hungrig. Wir wollten einfach mehr und dachten uns: Wie kommen wir an mehr Menschen und haben trotzdem Spaß dabei? So ist dann die „Heidi“ entstanden. Purer Zufall eigentlich.
Sänger Kamil Müller hat sich stimmlich stark weiterentwickelt. Auf dem neuen Album hat er eine viel größere Dynamik und Intensität.
Das liegt daran, dass wir nicht zuletzt aus finanziellen Gründen beschlossen haben, eine CD komplett selbst zu produzieren. Wir waren uns zunächst nicht sicher, ob wir das können, auch wenn wir in den letzten Jahren viel Erfahrung sammeln konnten. Wir haben uns einfach getraut, und was uns jetzt zugutegekommen ist: Wir haben keinen finanziellen Druck gehabt. Wenn etwas eingesungen wurde, und es hat nicht hundertprozentig gepasst, haben wir gesagt: Lassen wir das jetzt und versuchen es morgen wieder. Das ist in einem Tonstudio, in dem die Uhr läuft, ein wenig schwieriger. Wir haben also ohne Druck gearbeitet.
Gibt es deshalb wieder eine Rückkehr zu den Anfängen, was den Sound des Albums betrifft? Liegt es an der neuen Aufbruchstimmung?
Klar, jeder hat sich gefreut, dass es jetzt wieder weitergeht. Und so ist dann auch die Musik geworden. Es sind allerdings Nummern drauf, die während der Pandemie entstanden sind, die etwas zurückhaltender klingen. Die Songs, die danach entstanden sind, haben eine ganz andere Stimmung. Wir machen ja grundsätzlich kein Schauspiel, sondern geben das, was wir in uns haben.
Es kommen wieder besondere Charaktere vor, etwa der dicke tanzende Ali Babo. Gab es da eine Vorlage?
Nein, die Vorlage war lustigerweise ein Plakat des Künstlers Aubrey Beardsley. Wir haben es aber für das CD-Cover nicht hergenommen, sondern ein eigenes Bild zeichnen lassen.
Es gibt auch ein Lied in Roma-Sprache…
„Muro Shavo“ ist ein Traditional. Das heißt „Mein Sohn“, und es geht um einen sterbenden Vater, der zu seinem Sohn spricht.
„Diskotheka Bavaria“ ist aber kein Traditional, oder?
Nein, da kam der Kamil daher mit dem „Tanzuj“, was tastsächlich auf Slowakisch Tanzen heißt. Da meinte ich: „Komm’, dann machen wir einfach „Saufi“ dazu. So ist es ein Vier-Wort-Lied geworden. Diskotheka, Bavaria, Tanzuj, Saufi. Das Wichtigste halt. (Lacht.) Ein echter Abräumer.
Auf dem Tollwood- Festival kommt es am 19. Juni zum Doppelkonzert mit Dreiviertelblut. Entstand das zufällig?
Wie haben heuer unsere Agentur gewechselt. Bei der neuen sind auch Sebastian Horn und Gerd Baumann von Dreiviertelblut. So ist die Idee entstanden. Den Wastl kennen wir eh schon ewig. Ich glaube, das passt perfekt, und ich hoffe auch, dass es nicht das letzte Mal sein wird. Das ist eine schöne Konzert-Combi.
Das Gespräch führte Antonio Seidemann.