Charakter, Anmut, Ausdruck, Atmosphäre, Poesie – all das besitzen diese 50 Minuten. Und doch ist es schwer, sich angesprochen zu fühlen, das Interesse zu verspüren, sie zu entschlüsseln. Denn da ist auch: Provokation, Anklage, Beleidigung, Selbsterhöhung, Rechtfertigung.
Es ist ein Spiel, so viel ist klar. Einer/Eine am Rande der Gesellschaft spielt es, mit sich, mit uns, gegen uns, versucht sich uns mitzuteilen, auf seine/ihre Art. Denn das Spiel ist Ernst und das Schau-Spielen wird zum Zur-Schau-Stellen seiner/ihrer Gedanken, seines/ihres Körpers, seines/ihres Tanzes im Ringen um Geschlecht und Identität, wo Sprache oder besser: wo Dialog versagt.
Mit der Performance „Mowgli“ ist Sorour Darabi aus Paris zum Festival „Radikal jung“ gekommen. Darabi verkörpert darin eine zerbrechliche Gestalt, die sich selbst mit heraushängender Zunge und einer schwarzen Langhaarperücke zum „Wilden“ abstempelt und betont Distanz aufbaut. Zugleich aber nutzt sie eine riesige, fast leere Bühne, um, bekleidet nur mit einem femininen Trägerbody, auf Zehenspitzen ihre tänzerischen wie tierischen ritualhaften Bewegungsabläufe vorzuführen, ihr Publikum bewusst mit dem Gefühl der Fremde zu konfrontieren, herauszufordern. Im Dreiklang von Theater, Tanz und Waffe verkündet die Performance, all dies weder mündlich noch körperlich bloß zu behaupten, nein: es zu sein. Eine schwierige Begegnung.
Die eingestreuten Textzeilen, angelehnt an die wütenden „Mowgli“-Zeilen der französischen Rapper PNL und die Chansons der iranischen Sängerin Googoosh, handeln von Unterworfen-Sein und Feminismus, vom Druck der Gesellschaft und davon, „nicht einmal im Dschungel“ willkommen zu sein. Und dabei doch zu wissen: „My Dance is natural“ – und Natürlichkeit ist wahr, ist richtig, grenzt nicht aus.
„Radikal jung“
läuft noch bis 2. Juli; Spielplan und Karten unter muenchner-volkstheater.de sowie unter 089/52 34 655.